Italy
(from Bozen to Palermo by bike)
May 15th - June 15th 2011
Translation will follow
Auf dieser Reise bin ich 1870 km alleine von Bozen nach Palermo geradelt.
Start im Regen
Wir sind bereits das ganze Wochenende mit Freunden auf dem Ungerer Hof bei Kurtatsch gewesen und so sind Martin und unsere Freunde hier, um mich gebührend zu verabschieden. Das Wetter ist alles andere als prickelnd, die ganze Nacht hat es schon geregnet und auch jetzt ist noch Schnürlregen angesagt. Martin will mich per Auto gleich nach Verona bringen, aber das will ich nicht. Hier soll die Tour starten und auch wenn es regnet, so ist das nun mal auf dem Rad. Das Wetter hätte mich ja auch morgen treffen können. Also belade ich mein Rad, was jetzt sicherlich das Doppelte wiegt, verzurre auch noch Zelt, Schlafsack und Isomatte und dann kann es losgehen.
Gleich bei der ersten Steigung merke ich, wie schwer mein Rad ist. Große Pässe brauche ich mit der Beladung keine fahren. Zum Glück ist die Steigung nicht lang und dann geht es erst mal bergab. Da alles nass ist und mein Rad von hinten ganz schön schiebt, ist es auch bergab mit der Bremserei ziemlich anstrengend. Immer noch im Regen strample ich dann Richtung Magreid und finde auch gleich den Etsch-Radweg. Hier hört es dann endlich zu regnen auf und ich entledige mich meiner Regenhose, in der es mittlerweile innen nässer ist als außen, da sie total luftundurchlässig ist und sich das ganze Schwitz- und Kondenswasser innen sammelt. Voll ätzend fühlt sich das an. Da ich extremen Rückenwind habe und es ja immer leicht bergab geht, komme ich trotz Gepäck super schnell voran.
Ich sause mit 25-30 km/h den Radweg entlang und bei Rovereto kommt sogar die Sonne raus. Ich will in eine B&B Pension in Ala gehen, die ich aber nicht finde. Nach einigem Suchen und Weiterfahren finde ich dann in Avia an der Hauptstraße die „Casa fiore“, zwar ein Hotel, aber was solls. Der Besitzer kommt auch schon angelaufen, hat mich wohl recht suchend durch den Ort fahren sehen. Mein Fahrrad kann ich in die Garage stellen und Frühstück gibt es in der Bar in der Nähe.
Am nächsten Morgen gibt es in der Bar der Tankstelle im Hinterzimmer ein – für italienische Verhältnisse – tolles Frühstück: Semmeln mit Wurst & Käse, Portionspäckchen mit Nutella, Honig, Butter und Marmelade, Joghurt, einen von Farbstoff strotzenden, undefinierbaren Saft und Croissant mit Marmelade gefüllt. Dazu wirklich leckeren Cappuccino.
Bei schönstem Wetter strample ich los. Es ist zwar noch recht kühl aber bald entledige ich mich dann doch meines Pullis. Es geht dann ziemlich steil bergauf (10%) und auf der anderen Seite natürlich wieder runter.
Bis nach Verona geht es am Etschkanal entlang. Im Bikebuch sind 2 Campingplätze beschrieben, die ich aber in der Karte nicht finde.
Als ich mal anhalte und meine diversen Karten befrage, hält ein älterer Mann mit Rad neben mir, der mich auf Italienisch anspricht. Mit Hängen und Würgen mache ich ihm klar, dass ich einen Campingplatz in Verona suche. Er meint, der Camping am Castel San Pietro wär am besten. Er selbst kommt aus Palermo und findet es super, dass ich in seine Heimatstadt fahren will. Zwei Rennradler mischen sich gleich noch ins Gespräch, wie das halt so ist in Italien. Die zwei Rennradler bieten sich an, mich zum Campingplatz zu bringen. Natürlich nicht ganz uneigennützig, denn der eine will gleich noch meine Telefonnummer haben und abends mit mir essen gehen. Ich lehne freundlich, aber bestimmt ab und sag ihm, dass ich verheiratet bin. So schnell wie die weg sind, kann ich gar nicht schauen. Zum Glück haben sie mir vorher noch in der Ferne das Castel gezeigt, so dass ich den Weg zum Camping jetzt auch alleine finde. Der Campingplatz liegt im Inneren der Burgmauern in einem tropischen Garten. Echt super schön ist es hier und ich setze mich erst mal in den Garten zum Tagebuch schreiben. Als die Rezeption nach der Siesta wieder aufmacht, baue ich mein Zelt an einem schönen Platz auf.
Verona
Verona hat 258.000 Einwohner, die Altstadt gehört seit 2000 zum UNESCO Weltkulturerbe.
Als es nicht mehr so heiß ist, radle ich runter in die Stadt und lande direkt bei der malerischen Ponte Pietra, die auf eines der mittelalterlichen Tore zuführt und ca. 100 v. Chr. erbaut wurde. Weiter geht es zum Dom und immer an der Etsch entlang zum Castel Vecchio mit seiner tollen Brücke. Mit dem Fahrrad eine Stadt zu erkunden, ist echt genial, vor allem hier, wo eh so viel Rad gefahren wird. Ich mache es wie die Italiener und stürze mich einfach in den Verkehr. Hier nimmt auch jeder Rücksicht und so klappt das ganz gut. Von der Arena bin ich ziemlich enttäuscht. Ich habe sie mir einfach größer vorgestellt, aber das Besondere daran wird einfach sein, dort eine Aufführung mitzuerleben. Der Piazza delle Erbe ist auch wunderschön und war früher Marktplatz und Versammlungsort der mittelalterlichen Stadtrepublik. Die gesamte Altstadt ist von einer Stadtmauer mit mittelalterlichen Toren umgeben. In den kleinen Sträßchen kann man sich toll treiben lassen und so entdeckt man so manche schöne Kirche oder Gasse. Verona ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Wenn ich hier die anderen abgesperrten Fahrräder sehe, ist es ganz klar, dass man hier aufpassen muss, wie ein Luchs. Fast alle Fahrräder sind irgendwie an Laternenpfähle gekettet, so dass man immer eine Weile nach einem leeren Laternenpfahl suchen muss. Ist nur der Rahmen angekettet, liegt das Rad am Schluss ohne Vorder- und Hinterrad da, das habe ich selbst gesehen. Auch der Sattel fehlt immer mal. Na sauber, mein Schloss reicht nicht um beide Reifen, also wird nur der Vorderreifen zusammen mit dem Rahmen an etwas Festes gekettet. Das Hinterrad ist nicht so schnell auszubauen, aber ewig lange wegbleiben will ich hier nicht.
Bevor ich zum Campingplatz zurückradle, besorge ich mir noch etwas für mein Abendessen. Es gibt Gnocchi mit Sauce und einen leckeren Wein.
Am nächsten Morgen stehe ich sehr früh auf, um den Sonnenaufgang von der Burg über der Stadt zu erleben. Das Licht ist perfekt.
Zum Frühstück gibt es im Campingplatz-Shop noch einen total greislichen Cappuccino, ein Joghurt und ein Schoko-Croissant. Das wiederum ist total lecker. An der Etsch entlang will ich bis zum Puerto Nueve fahren. Aber irgendwie verfahre ich mich und lande auf irgendwelchen 8-spurigen Straßen, wo 3 Spuren auf die Autobahn, 2 auf eine Schnellstraße und 3 auf eine normale Straße münden. Echt übel! Als ich dann endlich weiß wo ich bin, ist das viel zu weit östlich. Ich fahre also ein paar Querverbindungen, bis ich endlich nicht mehr auf einer rot eingezeichneten Hauptstraße bin. Toll ist das trotzdem nicht, da es keinen Radweg gibt. Die Spur neben der Fahrbahn ist voll mit Müll, Scherben, Nägel etc. Auf jeden Fall ist die Strecke bis Mantova nicht der Bringer. In Zukunft sollte ich auf weiß eingezeichnete Nebenstraßen ausweichen, aber die sind meistens nicht ausgeschildert.
Um 11 Uhr habe ich schon wieder Hunger, außerdem ist es sauheiß. Also fahre ich an einen Waldrand und mache mit meinem Gaskocher die Gnocchi von gestern warm. Sind echt nicht mehr so lecker.
Mantova
Mantova taucht dann ganz unvermittelt vor einem auf. Absolut toll – man kommt sich vor wie in einer Zeitreise ins Mittelalter.
Mit 48.000 Einwohnern ein süßes, kleines Städtchen. Es ist umgeben von 4 Seen, die im 12. Jahrhundert von den Etruskern zur Verteidigung angelegt wurden. Dadurch wirkt die Stadt wie eine Insel. Besonders schön sind der romanische Dom, die Renaissancekirche S. Andrea, der Palazzo Ducale und der Palazzo Te. Hierher wurde in Shakspeares "Romeo und Julia" Romeo verbannt.
Ich fahre bzw. schiebe eine Stunde kreuz und quer und schaue mir alles an. Dann heißt es wieder den richtigen Weg aus der Stadt zu finden. Ich verfranse mich x Mal und lande in einem Industriegebiet, wo es wenigstens einen McDonald gibt. Da geh ich erst mal rein, da ich schon wieder Mega-Hunger habe. Aus dem Industriegebiet führt nur eine Autobahn, also muss ich alles wieder zurück. Endlich nach einer geschlagenen Stunde finde ich den Weg zum Po. Von da aus geht es immer auf dem Damm oben entlang. Natürlich ohne Schatten ín brennender Sonne. Ich mache direkt am Po an einer Sandbank Pause und hänge auch meine Füße rein, aber der Fluss ist total dreckig. Ein Ehepaar, das zum Sonnen kommt, frage ich dann scherzeshalber, ob man hier baden kann. Nein, auf keinen Fall meinen die. Sie sonnen sich hier nur. Ich packe mich wieder aufs Rad und weiter geht’s.
Auf dem Po-Radweg - tut mir deshalb der Hintern so weh?
Ab jetzt ist es einfach brutal anstrengend, der Hintern und meine Füße tun schon weh und mein linkes Knie schmerzt auch bei jedem Tritt. Na toll, und bis Ostiglia sind es noch fast 30 km. Hier ist auch erst die nächste Möglichkeit für eine Übernachtung. Mit mehrmaligem Anhalten bzw. langsamer und im Stehen radeln, schaffe ich es dann irgendwie bis Ostiglia. Der Ort ist zwar nicht so toll, aber ich finde gleich ein Hotel, in das ich einchecke. Mein Fahrrad darf ich in eine nahegelegene Garage des Besitzers stellen, dort schließe ich es ab und schleife alles (außer der Zelt- und Isorollen hinten drauf) in den 2. Stock rauf. Hier wird erst mal die dreckige Wäsche eingeweicht und geduscht – eine Wohltat!
Das Abendessen fällt etwas spärlich aus, da es zwar ca. 20 Cafés gibt, aber eine Pizzeria finde ich nicht. Daher bleibe ich bei ein paar Snacks bestehend aus zwei kleinen Brote mit Schinken, eine Schüssel mit Chips zum Aperitiv und danach eine Piadine mit Schinken.
Dann wanke ich ins Hotel zurück – bin fix und fertig. Mein Hintern ist wund und in den Knien und direkt oberhalb merke ich jetzt schon den Muskelkater. Na, Prost Mahlzeit! Gut, dass es morgen bis Ferrara nicht ganz so weit ist (ca. 50 km.)
Am nächsten Morgen tut mir mein Hintern schon beim Sitzen auf dem weichen Bett weh. Na, das kann ja heute heiter werden! Ich weiß gar nicht mehr, wie ich mich auf den Sattel setzen soll. Wird echt Zeit, dass sich da endlich eine Hornhaut bildet. Mittlerweile tun mir beide Knie weh und hier sind nicht mal Steigungen zu bewältigen. Ich bin ja echt gespannt, wie das dann in den Abruzzen wird.
Auch heute brennt die Sonne wieder von einem wolkenlosen Himmel runter. Ich fahre heute mal ohne Helm, weil hier auf dem Damm nur alle Ewigkeiten mal ein Auto kommt. Irgendwie zieht sich heute alles. An einem süßen achteckigen Wasserschloss mache ich Pause und es gibt die leckeren Erdbeeren und Datteln dazu, die ich mir in einem Laden hinter dem Damm gekauft habe.
Dann geht es in sengender Hitze weiter. Der Fahrtwind kühlt wenigstens noch, aber sobald ich zum Fotografieren anhalte, läuft mir die Soße runter. Eine tolle Mischung aus Staub, Schweiß und Sonnenöl. Ich mache dann nochmal kurz vor dem Verlassen des Po-Radweg Pause, denn dann geht es ohne Radweg in die Stadt rein. Die Straße zum Campingplatz von Ferrara ist dann gar nicht so schlimm wie gedacht und der Campingplatz ist super ausgeschildert. Dort angekommen finde ich eine schöne, grüne Oase in einem Park vor. In die Innenstadt kann man schnell zu Fuß gelangen. Ich will eigentlich mein Zelt im Schatten aufschlagen, aber da überfallen mich gleich eine Horde blutrünstiger Moskitos. Sofort verlagere ich den Zeltplatz in die Sonne. Das geht ja gar nicht! Der Campingplatz macht um 22 Uhr zu, aber für Fußgänger gibt es ein Tor, zu dem ich an der Rezeption einen Schlüssel bekomme. Anhand eines Stadtplans erklärt mir der Campingplatzbesitzer, wie ich am besten in die Stadt komme. Rund herum führt eine Stadtmauer, auf der man entlang spazieren kann, oder man läuft über den Friedhof quer durch den Park.
Ferrara
Ferrara ist eine der wenigen Städt in Italien, die nicht römischen Ursprungs sind, sondern von den Anwohnern der Lagunen der Po-Ebene gegründet wurde. Die 1391 gegründete Universität ist eine der ältesten Europas. Ihr gesamter mittelalterlicher Stadtwall ist unversehrt und fast intakt erhalten. Die Altstadt wurde von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt. Besonders schön ist Castello Estense, eine viertürmige Wasserburg. Auch hier ist die gesamte Altstadt noch von einer intakten Stadtmauer umgeben. Nebel dem Castello gibt es wunderschöne Kirchen und Palazzi zu bestaunen. Ich schlendere 2 Stunden kreuz und quer durch die Gassen und setze mich dann wieder auf einen Aperol Spritz in ein Café. Vor 20 Uhr braucht man hier einfach nicht zum Essen gehen. Später finde ich eine Pizzeria, in der sehr viele Einheimische sitzen, was ja immer ein gutes Zeichen ist.
Da es inzwischen dunkel ist, trete ich den Rückweg nun doch nicht über den Friedhof an, sondern über die Hauptstraße.
Alles ist naß, das Zelt, die Satteltaschen, die Klamotten auf der Leine, als ich am nächstem Morgen aufstehe. Ich baue um und mache die Leine an 2 Stangen bei der Rezeption fest, wo schon die Sonne draufscheint.
Bis ich endlich alles fertig gepackt und gefrühstückt habe, ist es auch schon wieder 9 Uhr. Ich muss einfach doch früher aufstehen. Denn als ich jetzt loskomme, ist es schon wieder brütend heiß. Bis ich wieder die Ausfahrt aus der Stadt finde, dauert es mal wieder und natürlich lande ich wieder auf einer rot eingezeichneten Hauptstraße. Später, als ich an einer Kreuzung (die Hauptstraße habe ich schon verlassen) mit einem Einheimischen palavere und ihm erkläre, dass ich auf gar keinen Fall auf die SS16 zurück will, kommt ein anderer Deutscher daher geradelt, der auch die gelb eingezeichnete Straße aus der Stadt nicht gefunden hat. Er will so wie ich nach Ravenna bzw. nach Cesenatico, was nochmal 50 km weiter ist, als mein Endziel Ravenna. Wir beschließen, eine Weile zusammen zu radeln und plötzlich sausen die km auf dem Zähler viel schneller dahin.
Wir haben tolle, leere Nebenstraßen und als wir wieder auf der SS16 landen, fährt mein neuer Begleiter auch noch als Windschatten vor mir her. In Argenta reicht es mir aber mit der vielbefahrenen Straße und mein kurzzeitiger Reisebegleiter will nun doch anders fahren. Also verabschieden wir uns und ich düse auf Nebenstraßen weiter. Wenn mir nicht alles so brutal weh tun würde, könnte man richtig Spaß haben. Für mich ist das heute eher eine Qual. Als ich Pause mache - es gibt Baguette mit Käse und Datteln. In meinem Buch lese ich, dass Comacchio sehr schön sein soll und da ich schon grob diese Richtung habe und egal ob Ravenna oder Comacchio, es noch 40 km sind, beschließe ich diesen nach Norden führenden Abstecher zu machen. Mittlerweile hab ich eine Ahnung davon, dass man die Straßenschilder als Radfahrer anders deuten muss, denn die zeigen immer den für den Autofahrer kürzesten Weg an. Das ist aber meistens keine schöne Strecke und so sollte man eher nach Karte, als nach Straßenschildern fahren. Entlang eines schönen Kanals fahre ich durch die jetzt schon beginnende Sumpflandschaft des Po-Deltas, das ca. 50 km breit ist. Ich bin hier ganz am südlichsten Ende des Deltas. Dann kommt irgendwann ein riesen See, der wahrscheinlich schon halb zum Meer gehört.
Comacchio - Venedig in klein
Die letzten km bis Comacchio schaffe ich fast nicht mehr. Mein Hintern fühlt sich an, als ob er schon blutig wäre und vor allem mein rechter Fuß ist trotz Bandage am Glühen. Comacchio schaue ich mir heute ganz sicher nicht mehr an, ich radle dran vorbei direkt nach Porto Garibaldi und auf den nächstbesten Campingplatz direkt am Meer. Erst mal einen Platz suchen und raus aus den Schuhen. Ratzfatz ist das Zelt aufgebaut und ich kann endlich duschen gehen. Dann, wie immer, wasche ich meine verschwitzten Klamotten und statte dem Meer einen Besuch ab. Das Wasser ist schon angenehm warm, aber eine total Dreckbrühe, wahrscheinlich wegen dem Po-Delta. Ich möchte hier nicht baden!
Zum Kochen habe ich heute keine Lus und gönne mir im Camping-Restaurant etwas Leckeres.
Zum Sonnenaufgang stehe ich auf und radle nach Comacchio. Das Highlight ist die Tremontini Brücke, die 4 der insgesamt 13 Inseln, auf denen Comacchio erbaut ist, verbindet. Ansonsten ist es Venedig in Kleinformat. Ich schlendere ein bisschen durch die Gassen, es ist noch schön ruhig und friedlich, die meisten schlafen noch.
Auf dem Rückwege hole ich mir in einem Café 2 leckere Gebäck-Teilchen und mache mir auf dem Campingplatz einen Tee dazu. Währenddessen lädt mein Akku im Bad. Als ich dort zahle, trifft mich fast der Schlag: € 16,90 wollen die, alleine € 11,80 für den Platz. Die spinnen wohl komplett!
Ich radle ein Stück die Hauptstraße Richtung Ravenna entlang, die mit totgefahrenem Getier zugepflastert ist. Dann biege ich auf eine ruhige Straße ab, die parallel zum Meer entlang führt. Hier gibt es sogar ein Stück weit einen Radweg. Irgendwann muss ich dann mit einer kleinen Fähre über einen Kanal übersetzen. In meiner Karte sind hier 2 Brücken eingezeichnet. Dann geht es relativ beschaulich durch die noch ruhigen Touristen-Orte. Auf dem Campingplatz von Ravenna angekommen, lege ich mich erst mal für 2 Stunden faul hin, denn heute soll es ja eine Art Ruhetag werden. Danach wird geduscht und los geht es per Bus, der direkt vor dem Campingplatz hält, in die Stadt. Dort suche ich mir erst mal ein Touristen-Information, wo ich einen Stadtplan besorge. Für € 11,50 bekommt man ein Sammelticket, das für 6 der Sehenswürdigkeiten gilt.
Ravenna
hat ca. 160.000 Einwohner und lag ursprünglich unmittelbar an der Adria. Ca. 50 v. Chr. war sie noch eine von Wasser umschlossene Lagungenstadt. Heute ist die Stadt neun Kilometer vom Meer entfernt. Ravenna ist Erzbischofssitz.
1996 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, sind Mosaik-Erzeugnisse das Aushängeschild des heimischen Kunsthandwerks. Die Tradition des Mosaiklegens lebt in der Stadt weiter und so ist in jeder Kirche, die meistens aus dem 5. Jahrhundert stammen, etwas Tolles zu sehen. Auch das Museum einer Basilika hat mit einigen tollen Schätzen aufzuwarten.
Allerdings ist man nach 2 Stunden echt nicht mehr aufnahmefähig und so fahre ich gegen 19 Uhr wieder mit dem Bus zurück. Auf dem Campingplatz gibt es Brotzeit: Tomaten mit Mozzarella, restliche Chips, Salami, Oliven und eine Flasche Wein habe ich gekauft. Muss ich morgen ganz speziell verstauen und verpacken, damit nichts zu Bruch gehen oder auslaufen kann.
Fahrt durch ein Naturschutzgebiet im Po-Delta
In der Früh ist alles klatschnass, nicht weil es getaut hat, sondern vom Kondenswasser. Wieder mal packe ich die Wäsche und das Zelt noch feucht ein. Ich frühstücke noch Ananas und Äpfel, dazu gibt es Tee. Um 8.30 Uhr geht es weiter Richtung Süden. Meinem Hintern geht es immer noch nicht so toll und ich glaube, dass das tatsächlich am schweren Rucksack liegt. Da werde ich für die Berge mal umpacken. Ich will eigentlich immer am Meer entlang fahren, was gar nicht so einfach ist. Die Orte grenzen alle aneinander und gehen nahtlos ineinander über: Souvenirgeschäfte, Hotels und Imbißbuden sowie Restaurants – eins nach dem anderen. Manchmal weiß man gar nicht, in welchem Ort man eigentlich ist. Irgendwann bin ich dann doch am Ende dieser Strecke und jetzt gäbe es nur noch die Schnellstraße. Das geht ja gar nicht, lieber schiebe ich mein Rad am Strand entlang. Ich fahre nochmal eine Straße rein, um zu sehen, wohin die führt, aber sie endet einer Schranke mit dem Schlid „Strada Privata“. Das ganze ist mitten im Sumpf und als ich anhalte, um zu umzudrehen, bin ich bereits von unzähligen Moskitos umzingelt. Bloß weg hier! Vorne am Strand entdecke ich dann einen Plan vom Naturschutzgebiet, das hier beginnt und tatsächlich fürhrt da ein MTB-Weg durch, toll!
Der Weg führt immer durch Pinienwälder oder an den vielen Kanälen entlang, die das Sumpfgebiet durchqueren. Eine tolle Landschaft mit erhöhten Aussichtspodesten und vielen tollen Vögeln. Als ich mal wieder fotografiere, hält neben mir ein Italiener mit MTB an und als ich ihm erkläre, dass ich nur „un po italiano“ spreche, erzählt er mir gleich seine halbe Lebensgeschichte. Ich verstehe soviel ,dass er schon an x Radrennen teilgenommen hat und sogar schon mit dem Rad auf dem Sinai war. Er meint, es wäre besser, wenn er mich begleiten würde, denn die nächsten Abzweigungen wären überhaupt nicht ausgeschildert. Also fährt er voraus und tatsächlich hätte ich das nie und nimmer gefunden. Wir halten nochmal bei einem Aussichtspunkt, wo er mir den Rest des Weges erklärt.
Bis zum nächsten Ort radle ich noch durch diese ruhige Oase, bevor mich dort der Verkehr wieder einholt. Bis kurz vor Rimini strample ich noch, und finde um 13 Uhr einen Campingplatz, der ideal als Ausgangsort in die Berge ist. Diese habe ich schon kurz in der Ferne gesichtet und schon ziemlich Respekt davor. Was, wenn ich mit meinem ganzen Gepäck da nicht hochkomme und schieben muss? Ich hoffe schwer, dass es nicht zu steil ist. Als erstes wird wie immer das Zelt aufgebaut, damit es trocknen kann, genauso die Wäsche gewaschen. Das alles geht allerdings erst ab 15 Uhr weil erst dann die Rezeption aufmacht. Gegen Spätnachmittag radle ich in den nächsten Ort um einzukaufen. Morgen ist ja Sonntag, da werde ich wohl nirgends was bekommen. Ich kaufe 2 Flaschen Wasser, Eier, 2 Fleischpflanzerl, Datteln, Käse, Wurst, Zucchini, Zwiebel, Knoblauch, Pesto, Packerlsuppe, Joghurt und Spaghetti. Das sollte mal für ein paar Tage reichen. Heute Abend gibt es Tomatensalat mit Mozzarella und Oliven, Fleischpflanzerl mit Rührei, Zwiebeln und Zucchini. Dazu den Wein, der echt nicht mehr der Bringer ist, wenn man den 50 km über die heiße Piste fährt. Hier gibt es auf dem Camping mal wieder ein Eck mit Tischen und Stühlen, wo man schön Essen kann und nicht am Boden rumbrutzeln muss. Das Gläschen Wein zum Sonnenuntergang genieße ich trotzdem.
San Marino
Auch heute wieder strahlend blauer Himmel und warm. Irgendwie habe ich heute Probleme beim Packen und brauche ewig. Grund ist wahrscheinlich, dass ich alles schwere Gepäck in die Packtaschen tun will, damit mein Rucksack für die Bergtour ganz leicht ist und mir dann vielleicht mein Hintern nicht ganz so weh tut. Als ich endlich fertig bin, ist es schon 9.30 Uhr und brutal heiß. Langsam arbeite ich mich Richtung San Marino vor, dass man schon lange vorher auf dem 780m hohen Monte Titano liegen sieht. Die letzten 10 km nach San Marino hoch sind dann brutal steil.
Ich schraube mich mit 5 km/h nach oben und mache x-mal Pause, um meinen Hintern auszuruhen und was zu trinken. Schließlich bin ich um 13 Uhr oben. Das ganze Städtchen ist ein einzige Touristen-Abzocke. Ein Souvenirladen neben dem nächsten und Massen von Touristen, die sich durch die Gassen schieben. Wenn das nicht wäre, hätte das UNESCO-Welterbe sogar was.
Oben die Festung mit den vielen Türmen liegt wirklich toll und man hat einen schönen Rundblick bis zum Meer und auf der anderen Seite über die Hügel der Marken. Sehr lange halte ich mich hier nicht auf, außerdem komme ich mir reichlich bescheuert vor, mit meiner Radlhose und Schlappen hier herumzulaufen.
Ich gehe also zu meinem Rad zurück und freue mich schon auf die Abfahrt, die wirklich toll ist. Unten angekommen, dann keinerlei Beschilderung. Ich entscheide mich richtungsmäßig für links und 2 Kurven weiter stehe ich vor einer Mördersteigung! Keine Sau – nicht mal in unbeladenem Zustand – kommt hier mit dem Fahrrad hoch. Also heißt es absteigen und schieben. Das ist aber auch leichter gesagt als getan, denn mein Pferdchen wiegt ja beladen schon so seine 50 kg (geschätzt). Das ist wirklich eine Mordsschinderei und weit und breit keine Menschenseele, den ich mal fragen könnte, ob ich überhaupt richtig bin. Allerdings ist der Blick zurück auf San Marino schon der Hammer! Nach einer Stunde in der brüllenden Hitze und als ich nach dem ersten Hügel sehe, dass es weiter hinten nochmal steiler raufgeht, kann mich Urbina (was mein Ziel gewesen wäre) mal kreuzweise und ich drehe um. Beim nächsten Ort, auch wieder kein Ortsschild. Scheinbar haben es die San Marinoaner nicht so mit Ausschilderung. Na ja, bei dem kleinen Land, weiß wohl jeder, wo er sich gerade befindet. Der Hammer ist dann, dass ich am Ende wieder auf die Straße stoße, auf der ich hergekommen bin. Damit bin ich jetzt einen ganzen Tag umsonst in der Gegen herumgefahren.
Bis Rimini habe ich dann zumindest eine super schöne Downhill-Strecke. Kurz vor Cattolica finde auf einem total überfüllen Campingplatz zwischen Ganzjahres-Campern noch ein Plätzchen für mein Zelt. Nun brauche ich natürlich einen Plan B, denn nach Urbino möchte ich auf jeden Fall noch. Ich schaue mir nochmal alles in der Karte an und finde eine gute Möglichkeit morgen dorthin zu kommen. Das scheint nicht ganz so steil zu sein, bin gespannt!
Abends gibt es dann in dem Lokal beim Campingplatz Abendessen, da ich zum Kochen heute wirklich keine Lust habe.
Durch die Berge nach Urbino
Ganz früh stehe ich auf, da ich die zumindest zu Beginn mal etwas angenehmere Temperaturen haben möchte. Heute verwende ich daher mal die LSF50 Sonnenmilch. Ich koche mir einen Tee und esse ein paar Datteln, dann packe ich zusammen. Bereits um 7 Uhr sitze ich auf dem Rad. Jetzt ist es noch angenehm kühl und es sind auch noch nicht so viele Autos unterwegs. In Morciano hole ich mir in einem Café ein Schokocroissant und einen leckeren Cappuccino. Dann kaufe ich in einem Laden noch Wasser ein. Hier bin ich gleich der Gesprächsstoff des Tages. Was, alleine mit dem Rad nach Palermo? Gleich ruft dies die Verkäuferin einem wohl ebenfalls radfahrenden Kunden zu und der geht mir mir vor die Tür, um sich mein Rad anzuschauen. Weiter geht´s Richtung Montefiore, das schön oben am Berg liegt. Es ist ein kleines, süßes Städtchen mit einer Riesenburg.
Von hier hat man einen tollen Blick bis Rimini, auch wenn es nicht ganz so klar ist. Weiter bike ich über Tavoleto, von wo man eine tolle Abfahrt hat. Heute ist es überhaupt nicht so steil wie gestern. Klar, geht es schon immer wieder bergauf, aber alles zu schaffen. So macht es heute wieder richtig Spaß. Von Ca´ Gallo aus ist die Straße, obwohl als gelbe Nebenstraße in der Karte verzeichnet, wieder stärker befahren.
Bis Gadana geht es ziemlich rauf, dann ist es bis Urbino nur noch ein Klacks. Gleich bei der Einfahrt nach Urbino ist sogar der Campingplatz „Pineta“ ausgeschildert. Trotzdem muss ich 3 Leute fragen, weil immer wieder Schilder fehlen. Da es mir mittlerweile zu blöd ist, umsonst in eine falsche Richtung zu fahren, frage ich lieber 5x mehr. Die letzten 2 Kilometer zum Campingplatz sind echt der Horror! In brüllender Hitze ohne jeglichen Schatten geht es wahnsinnig steil rauf. Wieder mal eine Mörder-Anstrengung und als ich endlich oben bin, pfeife ich aus dem letzten Loch. Allerdings ist der Blick von hier oben auf die Altstadt einfach gigantisch und die Anstrengung auf jeden Fall wert. Das muss morgens der Hammer sein, dann wird nämlich alles von der Sonne angestrahlt, aber ich will morgen ja auch wieder früh los; das frühe Aufstehen hat sich heute echt gelohnt. Lieber mach ich über Mittag 2 Stunden Pause im Schatten.
Der Campingplatz ist auch wunderschön und außer mir sind nur noch zwei andere Stellplätze belegt. Im Office ist erst eine Frau, die nur italienisch kann. Ich warte geduldig bis der Besitzer kommt. Ich suche mir einen schönen Platz unter den Pinien. Es gibt viele Ameisen hier, also schnell alles ins Zelt, was die mögen könnten. Dann geht mein tägliches Ritual auch schon los: Zeltaufbauen, feuchtes Zeug aufhängen, Mittag essen, alles sortieren, umpacken, Überflüssiges entsorgen, Wäsche waschen, Duschen, Wäsche aufhängen. Wann und ob da unten ein Bus geht, daraus werde ich anhand des Planes nicht schlau und die Mutti vom Camping, die ich in bestem Italienisch frage, hat auch keine Ahnung. Oh Mann, dann muss ich doch wieder mit dem Rad fahren. Aber vielleicht ist es ja ohne Gepäck ganz easy. Ich warte noch bis um 16 Uhr, damit es wenigstens nicht mehr ganz so heiß ist. Dann radle ich los. Bis nach Urbino rüber geht es ja erst mal nur bergab.
Urbino hat gerade mal 15.000 Einwohner, und ist Sitz eines römisch-katholischen Erzbischofs. Urbino ist wegen seiner Architektur und seiner Kulturgeschichte Teil des Weltkulturerbes. Im 6. Jahrhundert wurde Urbino zu einer wichtigen strategischen Festung. Die Erde um Urbino herum ist von besonderer Qualität und wird auch heute noch für Keramiken und Ziegelfabrikation verwendet.
Ich mache mein Rad an der Burgmauer fest, dann geht es zu Fuß in die Altstadt. Der Hammer ist der Palazzo Ducale der Herzöge von Urbino! Zur Stadt hin sieht es aus wie eine Kirche mit Domkuppel, zur anderen Seite wie eine Festung.
Ich schlendere durch verlassene, enge Gassen, in denen man keine Touristen findet, besichtige eine tolle, kleine Kirche mit Holzdecke und Wandmalereien ringsum. Dann genehmige ich mir auf dem Hauptplatz ein super leckeres Eis. Weiter geht’s mit der Erkundung der Stadt und am Schluss kaufe ich noch was zum Abendessen ein, dann geht´s wieder hoch zum Camping. Das ist wirklich sehr steil, aber ohne Gepäck, kein Problem. Oben koche ich dann, was mit den endlos vielen Ameisen ziemlich nervig ist. Es gibt Tomatensalat und Nudeln mit Pesto und Knoblauch, super lecker!
Urbino in der Morgensonne ist einfach traumhaft schön. Vom Campingplatz aus hat man den besten Blick dorthin.
Vollbeladen sause ich dann vom Camping los und muss leider erst mal ein Stück der Hauptstraße entlang und noch dazu durch ein Tunnel durch. Tunnel sind der Feind der Radelfahren, da die meisten Autofahrer hier erst recht nicht mit einem rechnen. Ohne Licht mag ich da nicht durchfahren. Super, heute Morgen erst habe ich allen Technikkram schön in den Satteltaschen verstaut. Also, alles wieder rauskramen. Später zweigt dann die gelb eingezeichnete Straße ab, die zunächst mal bis Acqualagna führt. Dort kaufe ich 3 Liter Wasser und genehmige mir ein zweites Frühstück in einem Café.
Dann geht es weiter. Zum Glück gibt es parallel zur Hauptstraße eine andere Straße, die nicht so viel befahren ist. Von Cagli geht es dann immer entlang eines Flüsschens durch ein tolles Tal. Alles relativ eben. In Collantico geht es dann ab in die Berge. Es geht gleich super steil los und schraubt sich langsam immer höher. Alles aber auch mit schwerem Gepäck machbar, aber sehr anstrengend. Um 12 Uhr mache ich dann Pause, weil es einfach brutal heiß ist. Irgendwo habe ich den Sonnenschild von meinem Fahrradhelm verloren. Jetzt brennt mir die Sonne natürlich voll ins Gesicht. Muss halt das 50er Sonnenöl herhalten.
Gubbio - Mittelalterliche Stadt in Schräglage
Weiter geht es auf dieser schönen und vor allem fast autofreie Strecke hinauf bis auf ca. 850m. Und bis Gubbio geht es dann nur noch bergab – SUPER! Auf den letzten steilen Metern höre ich ein etwas beunruhigendes Geräusch aus Richtung der Kette, kann aber nichts entdecken. Muß ich mir am nächsten Campingplatz mal genauer anschauen. Dieser befindet sich dann ca. 3 km südlich von Gubbio auf dem Gelände eines Sportplatzes und ist sehr schön. Die Dame des „Hauses“ empfängt mich gleich mit einem italienischen Redeschwall. Ich frage sie nach einer Radlwerkstatt. Da ruft sie gleich noch ihren Mann an, der ihr bestätigt, dass es in Gubbio keinen gibt, sondern der nächste in Padule zu finden ist. Sie erzählt mir dann noch, dass sie es gar nicht verstehen kann, dass manche Leute ohne die Sprache zu sprechen hier durchkommen. Und damit meint sie nicht mit, wie sie betont. Ich erkläre ihr, dass ich zwar nicht viel sprechen kann, aber fast alles verstehe. Nachdem ich das Zelt aufgebaut habe, strample ich noch die nächsten 4 km nach Gubbio.
Gubbio hat 32.000 Einwohner und liegt in 522 Metern Höhe am Fuße eines 983 Meter hohen Berges im Apennin. Gubbio oder Iguvium, wie es früher hieß, war ein bedeutendes Zentrum an einer wichtigen Straße vom Tyrrhenischen Meer zur Adria. In Umbrien liegen die Städte meistens auf Berghängen und die Architekten konnten damit auch ganz gut umgehen. Aber Gubbio ist auch für diese Verhältnisse außergewöhnlich. Auf halber Höhe liegt der Palast, dem man gar nicht ansieht, in welch extremer Hanglage er gebaut wurde.
Den Berg hoch ziehen sich einige Kirchen und auch die Burgmauer ist noch gut zu erkennen. Auch eine Seilbahn führt auf den Monte Foce. Ich schlendere lieber durch die Gassen, die hier ziemlich steil sind (nach 90km jetzt noch Treppensteigen, puh!). Am 15. Mai hat hier ein Fest zu Ehren des Patrons der Stadt stattgefunden und die Flaggen hängen immer noch aus den Fenstern, was dem Ganzen einen mittelalterlicher Touch gibt. Es sind nicht viele Touristen hier und so macht es richtig Spaß. Ich kaufe dann noch ein paar Sachen ein. Zurück zum Camping geht es dann wie von selbst – nämlich nur bergab. Ich mache wieder Nudeln mit Pesto und Tomatensalat. Ich bin die einzige auf dem ganzen Platz. Nachts geht es hier nur mit Ohrstöpseln, weil tausende von Hunden wie verrückt kläffen.
Am nächsten Tag schaue ich mir mein Rad mal genauer an, da ich dem Geräusch von gestern nachgehen will. Wie sich dann aber herausstellt, hat es nichts mit der Kette zu tun, sondern die Schaltung hatte wohl einen Schlag wegbekommen und ich kann sie wieder in die richtige Stellung biegen, damit die Kette wieder normal auf dem Zahnkranz läuft und nicht springt.
Ich radle dann los nach Ponte d´Assi, von da aus dann auf einer weiß eingezeichneten Straße bis zur gelben Nebenstraße nach Casa Castalda. Eine tolle Strecke mit wenig Autos. In Casa Castalda geht es dann auf eine brutal steile Straße Richtung San Presto. Das ist jetzt schon hart an der Grenze und jedes Mal, wenn ich denke, ich bin am höchsten Punkt, geht es weiter rauf. Einmal muss ich ein kurzes Stück sogar schieben, so steil ist es. Als ich dann endlich an der gelben Straße nach Assi ankomme, geht es tatsächlich ganze 10 km! bergab. Eine tolle Abfahrt, die die Strapazen wieder vergessen lässt. Kurz vor Assisi dann nochmal eine leichte Steigung und ich bin da. Ich entschließe mich gleich für den Camping Fontemaggio, auch wenn das nochmal 1 km absolut brutale Steigung bedeutet.
Pilgerziel Assisi
Mir läuft die Sauce nur so runter als ich oben ankomme, aber immerhin ist Assisi so zu Fuß erreichbar und ich muss nicht wieder mit dem Rad fahren. Die Dame an der Rezeption erklärt mir dann, dass es Probleme mit dem Wasser gibt. Als sie mein entsetztes Gesicht sieht, sagt sie aber gleich, dass man in einem der Bungalows, die auch auf dem Gelände sind, duschen kann. Na Gott sei Dank, so wie ich stinke muss ich als erstes unter die Dusche. Ich lasse mir gleich den Schlüssel dafür geben. Eine Wohltat nach der Strapaze heute.
Später laufe ich zu Fuß nach Assisi. Der Weg ist ja nicht weit. Assisi ist auch wieder ein relativ kleines Städtchen mit ca. 28.000 Einwohnern. Sie ist Geburtsort des Hl. Franz von Assisi, des Gründers des Franziskaner-Ordens). Im Jahr 2000 wurde die Stadt zum Weltkulturerbe der UNESCO ernannt.
Mit den Basiliken San Francesco und Santa Chiara, den Grabstätten des Hl. Franziskus und der Hl. Klara ist Assisi ein bedeutender Pilgerort des Christentums und auch wieder ein tolles Städtchen. Die Chiesa San Francesco ist einfach unbeschreiblich schön. Aus dem 12. Jahrhundert sind sämtliche Wandmalereien, die Szenen aus dem Alten und Neuen Testament darstellen, sowie auch teilweise das Leben des Heiligen Franziskus zeigen. Das Besondere an der Kirche ist, dass sie auch noch eine Unterkirche hat, d.h. sie liegt ein Stockwerk tiefer als die Hauptkirche. Wirklich ein Wahnsinn, was die Maler hier geleistet haben und auch wie toll alles erhalten ist. Leider darf man im Inneren nicht fotografieren.
Danach schlendere ich durch die Gassen, kreuz und quer, man muss auch hier wieder steil rauf und runter. Dann setze ich mich am Hauptplatz in ein Café, wo ich einen Aperol-Spritz mit Mineralwasser trinke und dabei die Leute beobachte. Die urigsten Typen sieht man hier. Einen Mitte 50jährigen, der barfuß und nur mit aus Kartoffelsäcken gefertigten Kleidern herumläuft. Sieht halt aus wie früher die Franziskanermönche. Seine Füße sind von der Sonne verbrannt, er trägt nur einen kleinen Umhängebeutel und einen Stock mit sich. Dann gibt es auf dem Platz mit einer ganze besonderen Akustik auf dem ein Musiker mit einer Querflöte die tollsten Stücke spielt. Die Akustik ist so gut, dass ich ihn später sogar noch hören kann, als ich oben auf der Burg stehe.
Ich gehe dann in ein sehr schönes und leckeres Lokal „La Lanterna“ essen. Ich futtere Nudeln mit Spargel, Trüffel und Pecorinokäse, danach Huhn nach Art des Jägers. Zum Abschluss gibt es noch ein Tiramisu und einen Cappuccino. Zum Trinken hatte ich Wasser und Wein. Das alles gibt es für 30€ inkl. Trinkgeld.
Durch die dunklen Gassen schlende ich bis zur Burg hoch, dann geht es - begleitet von tausenden von Glühwürmchen - auf den Campingplatz zurück.
1000 Kilometer-Marke erreicht! und der schlimmste Tag der Tour
Heute werden die ersten 1000 km erreicht. Ich radle wieder sehr früh und ohne Frühstück los und runter in die Ebene von Assisi.
Bis Santa Angeli geht es nur bergab und so hab ich gleich die ersten 10 km geschafft. Die Kathedrale von Santa Angeli bewundere ich nur von außen, dann geht es weiter Richtung Montefalcone, wo es auch wieder sehr steil raufgeht. So toll ist die Stadt auch wieder nicht, aber es führt halt eine „gelbe „ Straße durch. Ich bin total froh, als ich in Spoleto bin. Es hat heute wieder 30° und ich schwitze wie ein Schwein. Am Bahnhof werde ich aus dem ganzen angeschriebenen Kram auch nicht schlau und gehe schräg gegenüber in eine Travelagency, die auch Bahntickets verkauft. Da kann auch wieder niemand englisch. Ist wirklich der Hammer! Das gibt´s doch nicht, dass die hier überhaupt keine Fremdsprache in der Schule lernen, unfassbar! Auf jeden Fall soll es um 13.30 Uhr einen Zug nach L´Aquila geben. Es kommt auch um 12.21 Uhr einer, aber ich kriege schon die Tür zum Radlabteil nicht auf. Ich frage mich, wie das gehen soll, denn der Zug hält keine 5 Minuten. Und schon fährt er wieder los. Also muss für den Zug um 13.30 Uhr ein Plan B her. Ich picke mir einen Typen raus, der ganz nett aussieht, aber der kann schon wieder kein englisch, aber er fragt die Umstehenden. Einer kommt dann tatsächlich her, aber schon nach 1 Minute ist klar, der versteht kein Wort von dem, was ich sage. Also muss es auf italienisch gehen. Ich sage ihm, dass ich mein Rad und ganz viel Gepäck habe und unbedingt seine Hilfe beim Einladen in den Zug brauche. Er soll doch bitte mit zu meinem Rad kommen. Er will das ganze Zeug schon vorschleifen, aber ich mache ihm klar, dass der Waggon mit dem Fahrrad-Abteil immer im letzten Wagen zu finden ist. Leider habe ich mir den falschen Typen ausgesucht, denn jetzt fährt auch noch der Intercity nach Rom ein und er versteht nicht, dass ich den Zug nicht meine, denn da darf man gar kein Rad mitnehmen. Mit dem fährt er aber mit, also war´s mal wieder nix. Also überlege ich mir, dass ich mir erst kurz vor dem Einfahren des Zuges jemanden ausgucke. Aber dazu kommt es dann gar nicht, denn es erschallt eine Durchsage, dass der Zug nach Rom jetzt auf Gleis 2 einfährt. Ich krieg die Vollkrise, denn ich bin auf Gleis 1 und zum anderen Gleis muss man durch eine Unterführung. Das schaffe ich nie, denn der Zug fährt schon ein. Ich hetze zur Unterführung. Zum Glück sitzt da ein Zeitungslesender, dem ich zurufe, dass er mir mit dem Gepäck bitte helfen soll. Er greift sich die 2 Seitentaschen, die ich schon weggemacht habe, denn mit den Taschen kann ich das Rad auf keinen Fall die Stufen runter und wieder rauf schleppen. Keine Ahnung mit welcher Kraft, aber ich schaffe es, das Rad die Treppen runter und auf der anderen Seite, inkl. Lenkertasche, Rucksack und den Zelt- /Isomattenrollen auf dem Gepäckträger, hochzuwuchten. Es ist mir – und dem Typen sowieso – jetzt scheißegal, dass da das Radlabteil nicht ist. Wir wuchten das Zeug rein und los geht’s.
Nachdem der Zug ca. 40 Minuten gefahren ist, merke ich, dass das richtungstechnisch nicht stimmt. Als ich auf die Karte schaue, sehe ich, dass ich wohl in Terni hätte umsteigen müssen. Na toll, hoffentlich kommt jetzt der Schaffner nicht. Ich beschließe, bei der nächsten Station einfach auszusteigen. Was für eine selten dämliche Idee das war, merke ich bald. San Liberato – keine Ahnung warum irgendjemand da einen Bahnhof hingebaut hat. Auf jeden Fall liegt das Teil im Nirgendwo umgeben von der A1 (Autobahn) und irgendeiner Schnellstraße. Ich fahre einfach mal der Teerstraße, die vom Bahnhof wegführt, nach. Die mündet dann ohne Vorwarnung – sprich Schild – auf die Autobahn. Boa, das ist ja der Wahnsinn! Ich checke es erst gar nicht, dass das die Autobahn ist, erst als ein großes Schild mit grünem Hintergrund kommt und mich die Lkws alle anblenden, wird es mir klar und fahre sofort bei der nächsten Tanke raus. Von da aus folge ich einem Schotterweg. Der wird schon irgendwohin führen. Ja, auf die Baustelle eines neu erbauten Hauses. Da ist dann Ende der Straße. Ich schleife mein Rad quer durch ein gemähtes Feld mit Olivenbäumen, das ist aber begrenzt von Wald und kein Ausgang in Sicht. Da ich aber in der Ferne ein Hausdach sehe, muss da ja auch eine Straße sein. Ich muss das Rad einen steilen Abhang durchs Unterholz runterlassen. Am besten mit der schweren Seite zuerst, also hinten. Hier ist es total schwül und hat ca. 35°, wenn nicht noch mehr. Der absolute Horror! Endlich habe ich unter krasser Kraftanstrengung das Rad unten. Nun muss ich es „nur“ noch entlang eines Weinbergs bis zu einer – zuvor zu Fuß erkundeten – Piste schleifen. Von da aus finde ich dann zum Glück gleich eine „richtige“ Straße. Das Ganze ist eine Schnellstraße mit 6 Spuren. Und genau hier, an der beschissensten Stelle überhaupt, habe ich einen Platten. Zum Glück vorne. An einer Ausfahrt, an der mal an der Seite ein bisschen Platz ist, repariere ich den Plattfuss. Ein Stachel von einem Igel oder Stachelschwein hat sich durchgebohrt. Kein Wunder, nachdem ich das Rad zuvor durch das Unterholz geschleift habe. Das Loch ist schnell gefunden und der Stachel aus dem Mantel entfernt und schon kann es weiter gehen.
In Orte lasse ich dann an einer Tanke den Reifen richtig aufpumpen und kaufe mir 2 Flaschen KALTES Wasser, da meines in den Flaschen sich der 35° Grad heißen Umgebungstemperatur angepaßt hat. Obwohl ich bei der schwülen Hitze absolut keinen Bock mehr habe, bike ich weiter Richtung Bomarzo. Es geht ca. 6 km nur bergauf und ich kann bald echt nicht mehr weiter. Hinter Orte muss ich dann noch ca. 2 km am Straßenstrich mit lauter schwarzafrikanischen Mädels, die ihre Ärsche aus der Hose hängen lassen, entlang. Mir bleibt heute echt nichts erspart – noch dazu hängt mir ein Gewitter im Genick – es donnert schon kräftig! Das fehlt jetzt grad noch.
Aber das Wetter hält und so radle ich auch noch das letzte steile Stück zu einer Bed & Breakfast Pension hoch. Hier werde ich noch von so einem alten Wadenbeißer Hund tatsächlich gebissen – na ja, eher geschnappt. Die haben sogar noch ein Zimmer frei (kostet zwar 60€, aber das ist mir jetzt echt egal – ich kann nicht mehr!) Es ist wunderschön hier und ich springe erst mal in den Pool. Dann lade ich alles vom Rad, es sieht nämlich immer noch sehr nach Regen aus. Eine Wohltat ist die Dusche und hinterher ist halt trotzdem Wäsche waschen angesagt. Das Zeug sieht aus! Ob ich das jemals wieder sauber bekomme? Um 20 Uhr gehe ich in das Restaurant gleich nebenan. Auf ein Rad setze ich mich heute nämlich sicher nicht mehr. Das ist ein ganz süßer Familienbetrieb, wo es keine Speisekarte gibt. Die Mutti des Hauses zählt einfach mal auf, was es alles gibt. Ich nehme Bandnudeln mit Pilzen (saulecker) und ein fettes Steak (geschätzte 400 g Fleisch) mit gemischtem Salat, Wein, Wasser und Cappuccino. Dann geht’s mir wieder gut, nur die Muskeln im Kniegelenk schmerzen ziemlich. Aber da muss ich jetzt durch. Ich freue mich auf Bomarzo morgen, wo doch mein Dad schon war und so tolle Bilder gemalt hat. (siehe hier: BOMARZO)
Verwunschener Park in Bomarzo
Das Frühstück hier in der B&B Pension ist wirklich absolut fürstlich mit Kuchen, Müsli, Joghurt, Cappuccino, O-Saft, Schinken, Käse, frischem Obst, Pizzabrot etc. Einfach der Wahnsinn! Und was echt genial ist – da man das ja nicht alles schaffen kann – packt die Wirtin den Rest einfach ein und ich kann es mitnehmen. Super nett! Ich zahle, packe den Rest zusammen und dann geht es runter durch den Ort und zum Parco di Mostri. Da haben sie in den letzten Jahren ziemlich was restauriert, bzw. von Schlingpflanzen etc. befreit, denn an die Hälfte der schönen Steinfiguren kann ich mich nicht erinnern.
Da ich die Einzige hier drin bin, hat man wirklich das Gefühl, in einem verwunschenen Wald zu sein. Alles ist mit Moos überzogen, es ist noch kühl und ein kleiner Bach plätschert dahin.
Als ich wieder rausgehe, ist es mit der Ruhe vorbei. Scheinbar haben alle Kids in der Umgebung heute Klassenausflug. Ein Geschrei und ein Trubel ist das jetzt, ein Horror! Ich bin froh, dass ich schon so früh hier drin war und den Park in so einer tollen Stimmung erlebt habe. In der Annahme, dass diese Straße, die Straße ist, die ich mir gestern in der Karte rausgesucht habe, düse ich weiter bergab. Stattdessen lande ich aber mitten im Naturpark Bomarzo und schließlich endet der Weg an einem Haus. Der Typ, der dort nur etwas repariert, hat keine Ahnung, wie ich nach Vachiano komme. Egal, ich drehe um und muss fast alles wieder zurück schieben, weil es brutal steil ist. Nach 2 Stunden, die ich hier verbraten habe und 15 umsonst gefahrenen Kilometern, bin ich also immer noch bzw. wieder in Bomarzo. So, jetzt aber Schluss mit so komischen Wegen. Ich düse eine fast ebene Straße entlang des Tiber, bis es dann über die Hügel zum Lago Bolsena rübergeht.
Das ist nochmal eine ziemliche Schinderei! Am Rand eines Weinguts mache ich dann im Schatten eine Stunde Pause, aber kühler ist es dann auch nicht geworden. Im Gegenteil, es sind wieder dicke Wolken am Himmel und es sieht nach Gewitter aus. Es ist ziemlich drückend heiß und schwül und mir läuft wieder die Sauce runter und ich komme mir vor, wie in den Tropen. In der Sonne hat es gut 40°, wenn dann gerade kein kühler Luftzug ist, sind das gefühlte 45°. Als mir dann auch noch an so einer heißen Stelle ein vorbeifahrender Bus seine heiße Abgaswolke ins Gesicht bläst, komme ich mir vor, wie im Vorhof der Hölle. Aber ohne Quatsch, das ist wirklich der Wahnsinn! Im Juli/August wäre diese Tour ein Ding der Unmöglichkeit! Bin ja schon sehr gespannt, wie das in Sizilien wird. Irgendwie schraube ich mich dann noch einen letzten Hügel hoch und dann geht es nur noch bergab zum Lago Bolsena. Ich halte noch ein paar Mal an, denn von hier oben ist das hier ein gigantischer Blick. Der See ist fast kreisrund und hat zwei kleine Inselchen. Hier will ich den morgigen Tag komplett verbringen und absolut nichts tun. Evtl. kaufe ich mir jetzt in Bolsena doch noch eine Wundsalbe für meinen Hintern, der immer noch weh tut.
Ruhetag am Lago Bolsena
Ich radle an zwei Campingplätzen vorbei und entscheide mich dann für einen etwas außerhalb gelegenen. Blu International Camping heißt er und liegt direkt am See. Der dazugehörige Strand ist zwar nicht der Hit, aber egal. Sogar eine Waschmaschine gibt es. Das wird morgen meine erste Aktion, denn das Zeug kriegt man mit der Hand und Rei in der Tube einfach nicht richtig sauber. Nach dem üblichen Zeltaufbau und duschen, schlendere ich noch ein bisschen am See entlang. Das Gewitter hat sich auch wieder verzogen. Im Campingplatz-Restaurant gehe ich dann essen. Es gibt wie gehabt Wasser und Wein und als Vorspeise nehme ich den Fisch aus dem See mit grüner Sauce, Oliven und Karottengarnitur – sehr super! Danach gibt es eine sauleckere Pizza mit Thunfisch und Zwiebeln. Hinterher schlürfe ich noch einen Cappuccino. Das hab ich mir heute verdient. Alles in allem läuft es ja gut mit der Radlerei, aber die Berge machen mich mit dem Gepäck echt alle. Die Abbruzzen mit Begleitauto zu machen, das wär cool, aber so eine Schinderei, da hab ich keinen Bock drauf. Bis Neapel ist es noch ziemlich weit, vielleicht kürze ich mal wieder mit dem Zug ab.
Zum Frühstück - es gibt den Rest aus der B&B Pension - studiere ich die Karte und beschließe, von Civitavecchia mit dem Zug nach Neapel zu fahren. Erstens hab ich keine Lust auf Schnellstraßen an Rom vorbei und bis Neapel zu pedalen, wo es landschaftlich nicht viel hergibt, zweitens will ich lieber auf Sizilien tolle Bergfahrten machen und drittens wird mir die Zeit sonst langsam knapp. Habe zwar erst 2 Wochen hinter mir, aber in Sizilien will ich auf den Egadischen Inseln eine Woche Erholung tanken und auf den Liparischen Inseln auch ein paar Tage bleiben. So viel Spielraum habe ich da nicht mehr. Vielleicht schaffe ich es bis morgen Nachmittag bis Civitavecchia und kriege dort noch einen Zug.
Wettertechnisch sieht es gerade absolut nicht toll aus, deswegen habe ich gleich noch eine Münze für den Trockner genommen. Meine Jeans wird sonst ja nie trocken. Als ich die erste Wäsche hole und gleich die zweite machen will spricht mich eine ältere Frau an. Sie meint, dass es sich doch überhaupt nicht lohnt, für die 4 Teile eine Maschine anzuwerfen und bietet mir an, mein Zeug in ihrer hellen Wäsche mit zu waschen. Sie kommt mit ihrem Mann seit 7 Jahren hierher und hat einen festen Wohnwagen-Stellplatz. Das kostet 1400€ im Jahr inklusive der 3 Monate, die sie jedes Jahr hier sind. Sie sind aus Fürstenried – sehr lustiger Zufall! Ich schmeiße inzwischen meine andere Wäsche in den Trockner.
Beim Frühstück hat mich schon so ein Typ aus Österreich angesprochen, wo ich herkomme und wo ich noch hinwill. Ob ich alleine unterwegs wäre. Sein nächster Satz, während er sich gleich neben mein Zelt pflanzt: ja, er hätte Probleme mit der Freundin, die hier gleich in der Nähe wohnt und es sieht nach Ende aus. Ja, sagt mal, bin ich der Seelsorger vom Campingplatz? In einem Nebensatz mache ich ihm dann gleich klar, dass ich verheiratet bin. Das brauch ich ja gleich gar nicht. Er will mir dann noch unbedingt seine Landkarte der Umgebung zeigen, da ich ihm blöderweise erzähle, dass ich von dieser Ecke hier gar keine Karte habe. Wie sich dann herausstellt, ist es eine Grobgalaktische von ganz Italien. Mit der kann ich gar nichts anfangen, so eine habe ich selber. Ob ich heute Nachmittag mit ihm nach San Stefano fahren will. Ich sag ihm, dass ich heute einen faulen Tag mache und eine Ruhepause brauche. Außerdem muss ich zu meiner Wäsche. Dann zieht er zum Glück von dannen.
Die Wäsche ist super sauber geworden. Ich laufe auf den großen, geschniegelten Campingplatz von nebenan. Da gibt es zwar einen riesen Supermarkt, aber die haben quasi nichts. Also kaufe ich nur 2 Flaschen Wasser. Hier treffe ich auch die Frau aus Fürstenried wieder. Sie bietet mir an, dass sie mir ein bisschen Spüli abfüllen würde. Es gibt hier nämlich mal wieder nur riesengroße Flaschen. Ich brauche auch eine neue Gaskartusche, aber hier haben sie nur die blauen, nicht die Coleman-Flaschen. Also wandere ich mit der Fürstenriederin am Strand zurück. Im Ort soll es ein Campinggeschäft geben, was aber erst um 17 Uhr aufmacht. Also muss ich heute doch noch mal aufs Rad. Na ja, ist ja nicht weit.
Ich bin kaum mit Mittagessen fertig, da steht der Österreicher schon wieder auf der Matte. Ob 14 Uhr für mich o.k. wäre? Häh? Nein, wie schon gesagt, ich mache heute hier Ruhetag und bleibe am Camping, wünsche ihm aber viel Spaß. Komischer Vogel! Ich fahr doch nicht alleine mit einem Typen, den ich gar nicht kenne in seinem Auto nach San Stefano, das wer weiß wo ist. Ich lege mich dann in den Halbschatten, später gehe ich vor zum Wasser und lege mich dorthin. Da es mittlerweile auch total warm und schön ist, spring ich auch gleich rein. Schön erfrischend ist das Wasser noch und kein Mensch an dem Ministrand. Die hocken alle lieber im Schatten und bewachen ihre Wohnmobile. Später kommen dann noch ein paar ältere Herrschaften, die das aber viel zu kalt finden.
Um 16 Uhr radle ich nach Bolsena, streife bis 17 Uhr durch die Gassen. Dann kaufe ich Obst, Tomaten, Wasser, Salz, Pfeffer ein und bekomme sogar die richtige Gaskartusche. Gerade noch rechtzeitig, da beim Nudelnkochen später dann die erste Gasflasche alle ist. Zurück auf dem Campingplatz koche ich mir erst mal Nudeln mit Pesto, dazu Tomatensalat mit Mozzarella. Danach fange ich schon mal an, meine Sachen zu packen, da ich morgen wirklich schon sehr zeitig los will. Dann schaue ich noch bei den Fürstenriedern vorbei und lasse mir Spüli abfüllen, außerdem bekomme ich ein paar Reiskörner für meinen Salzstreuer.
Heute habe ich in einer neuen Rekordzeit von 45 Minuten alles zusammen gepackt. Es hat strahlendblauen Himmel, aber ist noch so kalt, dass ich sogar mein Fleece brauche. Bis Montefiascone muss ich auf der Hauptstraße entlang, aber um die Uhrzeit, noch dazu am Sonntag ist nichts los. Bis dahin geht es auch noch etwas bergauf, dann nur noch abwärts. In Marta setze ich mich zum Frühstücken in ein Café, dann geht es weiter Richtung Meer. Da es nur abwärts geht, mache ich richtig Speed und habe bis um 11 Uhr schon fast 80 Kilometer drauf.
In 6 Stunden von Civitavecchia nach Neapel
Irgendwann überhole ich dann sogar 3 Rennradler, einer davon holt dann aber gleich wieder auf. Er kann super deutsch und wir unterhalten uns eine Weile. Er lädt mich dann noch auf einen Cappuccino ein und erklärt mir den autofreiesten Weg nach Civitavecchia. Es sind nur noch 10 Kilometer und um 12 Uhr bin ich am Bahnhof. Eine Stunde später sitze ich im Zug nach Rom. Das mit dem Rad hat diesmal viel besser geklappt. Auch wenn es eine brutale Kraftanstrengung für mich war, das Rad über die Schwelle zu heben, ist es doch besser, die Satteltaschen und alles am Rad zu lassen.
In Rom fährt 20 Minuten später der Zug nach Neapel. Ich habe schon einen Geschwindigkeitsrausch, wie schnell man hier mit dem Zug vorankommt. Und wenn ich mir hier vor allem die Berge anschaue, die bis ans Meer gehen, bin ich total froh, dass ich es genau so gemacht habe. Um 17.30 Uhr bin ich in Neapel, raus aus dem Bahnhof und rein ins Straßenchaos. Gut, dass heute Sonntag ist, da kann man sich langsam an den Verkehr gewöhnen. Bloß nicht stehenbleiben ist hier die Devise und rein zwischen die Autos. Jeder passt irgendwie auf den anderen auf. In München würde ich schon längst unter einem Laster liegen. Das macht hier sogar richtig Spaß, 5spurig in die Kreisel rein und dann irgendwie aus dem Kreisel wieder raus. Auf Ampeln wird hier mittlerweile sogar geachtet und es wird auch nicht mehr ganz so viel gehupt. Das war vor 15 Jahren, als ich das letzte Mal hier war, schon noch anders. Na ja, mal den Berufsverkehr abwarten.
Ich hatte außerdem ganz vergessen, was für ein Müllchaos hier herrscht. Man könnte meinen, die Müllabfuhr würde seit einer Woche streiken. Aber auch das liegt vermutlich am Sonntag. Ich fahre also zum Hafen. Hier ist alles umgebaut und die Einfahrt zu finden ist gar nicht so einfach. Als ich dann endlich vor dem Siremar-Schalter stehe, erfahre ich, dass das nächste Schiff nach Stromboli erst am Dienstag geht. Na egal, dann muss ich halt Neapel unsicher machen. Vielleicht schaue ich mir auch Pompeij nochmal an, mal sehen.
Nun muss ich noch eine Unterkunft finden. In der ersten haben sie nur noch für eine Nacht was frei, die zweite sieht etwas zwielichtig und außerdem geschlossen aus. In der dritten (Hotel Toledo) wollen sie 55€ die Nacht. Die spinnen wohl! Ich handle auf 90€ für 2 Nächte runter. Mein Rad darf ich gegenüber in einen Abstellraum stellen. Alles außer den Isomatten/Zeltrollen hinten drauf nehme ich mit hoch ins Zimmer. Erst mal duschen! Dann noch waschen und das Zeug notdürftig aufhängen. Eine Geräuschkulisse ist das hier mitten in den engen Gassen, unfassbar! Irgendwo spielt in irrer Lautstärke eine Band. Hier ist man halt mitten im neapolitanischen Leben. Ich futtere die kalten Nudeln von gestern und ein Joghurt. Danach genehmige ich mir ein Bier an der Bar, die direkt vor meiner Zimmertür liegt. Da es hier Internet-Zugang umsonst gibt, schreibe ich gleich meinen ersten Bericht an meine Freunde.
Dank Ohrstöpsel kann ich hier aber dann sogar bis 9 Uhr ausschlafen. Auf der Dachterrasse des Hotels gibt es ein kleines Frühstücks-Buffet. Nicht wahnsinnig toll, aber ganz o.k. Vor allem so kleine Gebäckteilchen, die aussehen wie Muscheln und mit einer Creme gefüllt sind, sind sehr lecker. Ansonsten gibt es Tee, Kaffee, Säfte, Joghurts, Semmeln, Butter, Marmelade, Honig, Nutella, Zwieback, Wurst und Käse. So wie es von außen aussieht, würde man gar nicht denken, dass es doch so gemütlich und sauber ist.
Dann packe ich meine Siebensachen und mache mich auf per pedes die Stadt zu erkunden: tolle südländische Märkte, Innen- und Hinterhöfe, in denen sich so manches tolle Gebäude oder auch ein Palazzo versteckt. Mitten in den engen Gassen, geht es am lebhaftesten zu. Ein Metzger kommt mir mit einer ganzen Sau auf dem Rücken entgegen, die Obsthändler parlieren, während sich zig Mopeds durch das ganze Getümmel manövrieren. Einfach toll, sich hier in die Gassen zu begeben, wo nicht die Touristenscharen abbiegen und unter gewaschener Wäsche, die von einer Straßenseite zur anderen hängt, durchzulaufen. Hier stehen zwei wild gestikulierende Frauen schimpfend im Hauseingang, da wieder ein Laden, wo man erst beim zweiten Blick sieht, was da verkauft wird. Allerdings ist alles in sehr marodem Zustand. Ich sehe Balkone, auf die würde ich keinen Fuß mehr setzen, auch die Kirchen und Palazzi sehen teilweise sehr baufällig aus.
Die Stadt ist momentan eine einzige Baustelle, da die Metro erweitert wird. Auch hier wurden erst wieder antike Reste ausgegraben, so dass der U-Bahn Bau erst mal gestoppt ist. Gegen Mittag fahre ich mit der U-Bahn zum Bahnhof und gehe zur Tourist-Information. Ich will mit dem Doppeldecker-Bus eine Sightseeing-Tour machen. Die Abfahrten aller Busse gehen vom Castel Nuevo los und kosten €22. Das ist im ersten Moment ganz schön teuer, aber man kann damit 3 Touren fahren. Eine Panoramatour, die sich nach Norden aus Neapel rausschlängelt und man tolle Blicke über die Stadt, den Golf und den Vesuv hat. Dann noch eine andere 60minütige Tour hoch zum Schloß und durch die Stadt und eine kurze Tour durch die Innenstadt. Die schenke ich mir, da ich das heute schon zu Fuß erkundet habe. Der Preis lohnt sich in jedem Fall und das Ticket ist 24 Stunden gültig.
Danach bin ich recht geschafft und laufe zum Hotel zurück. Dort muss ich erst mal was essen, weil ich das den ganzen Tag noch nicht geschafft habe. Nach Duschen und erstem Packen der Taschen, will ich eigentlich essen gehen. In einem Café trinke ich einen Aperol Spritz, dazu gibt es auch leckere kleine Piadine-Teilchen, dazu noch Wasser. Eigentlich bin ich jetzt satt, hebe noch Geld ab und verbringe den Abend in meinem Zimmer.
Ich schlafe bis kurz vor 9 Uhr und gehe erst mal gemütlich auf der Dachterrasse zum Frühstücken. Dann schreibe ich noch bis 11 Uhr im Internet meinen Bericht. Dann geht es daran, den Rest noch zu packen. Ich lasse so Sachen wie Linsengefäß, Zahnputzzeug, Anorak und Fleece im Rucksack. Ich habe zwar den günstigsten Tarif nach Stromboli, weiß aber nicht, ob das nun Deckpassage ist. Soweit ich mich erinnere, gab es das nicht und man musste Pullmansitze nehmen. Ich werde mal Schlafsack und Isomatte zusammenlassen, vielleicht kann ich mich ja doch irgendwo auf Deck legen. Dann zahle ich und belade mein Rad. Ich fahre heute ohne Helm und Handschuhe und mit Jeans, was nicht ganz so bequem ist. Dann geht es rein in den Verkehrstrubel. Heute, unter der Woche ist schon einiges mehr los, aber es ist trotzdem kein Problem sich mit dem Rad durchzuschlängeln. Ich fahre ja auch raus aus der Stadt.
Es geht immer leicht bergauf, nachdem ich mal die Strandpromenade hinter mir gelassen habe. Heute sind einige Wolken da und es ist leider nicht ganz so klar wie gestern. Im Norden an der Landzunge gibt es einen schönen Park, in dem die Neapolitaner ihre Liebsten mitnehmen. Ich habe meinen Liebsten zwar leider nicht dabei, verbringe dort aber trotzdem die nächsten Stunden mit faulenzen.
Gegen 16 Uhr packe ich zusammen und mache mich langsam auf den Weg nach Neapel rein. Ich bleibe total oft stehen, um tolle Fotos über den Golf von Neapel mit der Stadt im Vordergrund und dem Vesuv im Hintergrund zu machen. Leider ist der heute in Wolken und nur ein kleines Stück der Spitze schaut raus. Aber die Küste mit dem Vulkan und die Pinien dazu, im Hintergrund das tiefblaue Meer und Capri, das sieht schon wirklich toll aus.
Als ich dann um 17:30 Uhr am Hafen bin, muss ich leider noch ewig warten. In das Hafengebäude haben sie jetzt ein riesen Einkaufszentrum gebaut mit Klamotten- und Souvenirläden. Auch ein Snack-Shops gibt es, aber alles sauteuer. Für eine kleine Packung Chips zahle ich 2€. Die futtere ich dann gleich mal als Abendessen und um 19 Uhr ist dann endlich Boarding. Eine ganze Schulklasse geht auch auf´s Schiff. Mein Rad wird vertäut und dann suche ich mir auf dem obersten Deck einen guten Schlafplatz. Es gibt wieder eine Kiste mit Schwimmwesten, das hat sich bisher immer bewährt. Trotz des Stampfens des Schiffes versuche ich zu schlafen.
Auf den Vulkan - Stromboli
Um 4 Uhr bin ich schon wieder wach, ein erholsamer Schlaf war das nicht. Der Sternenhimmel ist verschwunden und es ist total bewölkt. Langsam wird es auch hell. Dann taucht am Horizont Stromboli mit dem kleinen Leuchtturm-Inselchen Strombolicchio auf und der Stromboli begrüßt mich erst mal mit einer Aschewolke, die er ausstößt. Selbst von der Ferne kann man sehen, wie er die Lava hochschleudert. Einfach unglaublich!
Früher war er für die Seefahrer ein weithin sichtbares Leuchtfeuer, denn da war er noch viel aktiver. Später begleiten uns dann noch ein Schwarm Delphine bis fast in den Hafen. Als ich vom Schiff gehe, spricht mich gleich ein Mann wegen Zimmer an. 35€ mit Frühstück ist für Stromboli ganz normal und so folge ich ihm mit dem Rad zum Guesthaus Aquilone. Die Pension ist schön versteckt in den Gassen gelegen und inmitten eines tollen Gartens. Zunächst mal bin ich aber total genervt, weil die nur was für 1 Nacht haben und ich dann morgen umziehen müsste. Außerdem gibt es nur ein Gemeinschaftsbad. Das hab ich zwar auf dem Campingplatz auch, aber da zahle ich auch keine 35€. Als ich dann aber geduscht habe, schaut die Welt schon freundlicher aus, obwohl es auch noch angefangen hat, zu regnen. Die Vermieter sind aber total lieb und ich bekomme erst mal eine heiße Schokolade serviert. Dann geht es schon wieder gut und ich laufe los, um den Ort zu erkunden.
Morgen ist hier ja Feiertag und so muss ich mich heute schon um Essen, Trinken und die Fahrkarte für Freitag nach Milazzo kümmern. Ich bin schon sehr auf die Weiterreise, vor allem im Hinblick auf die Steigungen gespannt. Von Milazzo muss ich dann nämlich zuerst in die Berge und der Ätna ist nun mal mit seinen 3033 Meter auch nicht gerade niedrig. Ich kaufe Wasser, Joghurt, 2 kleine Panini und Pfirsiche ein. Dann hole ich mein Badezeug und lege mich erst mal auf den schwarzen Lavastrand, denn mittlerweile scheint auch die Sonne wieder. Es ist sogar richtig heiß und ich verbrenne mir den Rücken, da ich mich selbst am Rücken so schlecht eincremen kann.
Gegen 16 Uhr gehe ich wieder zurück und packe meine Sachen für den Vulkan: Wasser, Fotozeug, Stativ, Stirnlampe, Fleece, Anorak und Handy. Dann laufe ich los, es ist zwar heiß, aber die Sonne ist hinter leichten Wolken verschwunden, so dass der Aufstieg nicht ganz so krass wird. Ich laufe nur bis zurselben Höhe der Krater, denn weiter oben würde ich auf die geführten Gruppen stoßen, die einen anderen Aufstieg nehmen als ich. Ich habe keine Lust, mich von den Guides blöd anreden zu lassen, denn unten war ein Verbotsschild. Mittlerweile darf man nur noch mit einheimischen Guides auf den Vulkan.
Hier oben pfeift ein eisiger Wind und ich bin froh um mein Fleece und den Anorak. Auch jetzt schon fauchen und spucken die beiden Krater wie verrückt, nur sieht man bei Tageslicht nicht so viel, eher den Rauch. Danach hört man, wie die ausgespuckten Steine die Sciara del Fuoco runterspringen. Da sind ganz schöne Trümmer dabei, manche schaffen es sogar bis ins Meer. Es ist echt ein Wahnsinn, was für eine Kraft da freigesetzt wird. Recht viel näher möchte ich ehrlich gesagt auch nicht hin.
Als die Sonne tiefer steht, sieht man sehr gut die glühende Lava, die bei den Explosionen rausgeschleudert wird. Ich kann leider nicht hier oben bleiben, bis es ganz dunkel ist, denn der Abstieg ist mir selbst mit Stirnlampe zu steil. Zumindest bis zu dem Verbotsschild und der Plattform, die unter dem Krater liegt, will ich zurückgehen. Gut, dass ich schon aufgebrochen bin, denn es wird jetzt schnell dunkel. An der Plattform angekommen, baue ich mein Stativ auf. Die falsche Adapterplatte habe ich mit Kabelbindern am Stativ befestigt. Das funktioniert sogar. Von hier unten sind die Ausbrüche auch sehr gut zu sehen.
Dann trete ich, diesmal mit Stirnlampe den Rückweg an. Der Sternenhimmel über mir ist einfach Wahnsinn, und ich bleibe desöfteren stehen, um ihn zu bewundern. Das zieht sich wahnsinnig lange hin, bis ich mal beim Ristorante Osservatore bin (hier kann man beim Abendessen die Vulkanausbrüche beobachten). So nassgeschwitzt habe ich aber keine Lust, mich da reinzusetzen, außerdem stinke ich wie ein Schwein. Erst mal muss ich duschen. In den Straßen von Stromboli gibt es keine Straßenbeleuchtung, daher bin ich jetzt echt froh um meine Stirnlampe. Dann sehe ich, dass es schon 23 Uhr ist. Jetzt gibt es hier bestimmt auch nichts mehr zum Essen. Ich esse das halbe Panini, einen Joghurt und einen Pfirsich. Ich schreibe dann noch Tagebuch, denn wenn man das nicht wirklich jeden Tag macht, vergißt man die Hälfte. Handy und Fotoakkus müssen geladen werden, dann bin ich echt erledigt. Hier im Zimmer schauts aus wie bei Schweins. Ich schmeisse alles nur noch auf das zweite Bett und gehe schlafen. Morgen muss ich wieder packen, weil nicht erst am Freitag die Fähre kommt wie gedacht, sondern schon morgen. Ansonsten müsste ich bis Sonntag warten und das verbraucht mir zuviel meiner Zeit.
Nachts hat es geregnet und meine ganze Wäsche ist klatschnaß – na toll! Die Wäsche lege ich dann später am Strand zum Trocknen aus und bei der Hitze ist nach einer Stunde alles trocken. Die Fähre kommt eine halbe Stunde zu früh, denn aus den kleinen Lieferwägen muss schnellstens ausgeladen werden, denn die müssen ja wieder auf die Fähre. Der Computer ist kaputt und so bekomme ich statt Fahrkarte nur einen Zettel in die Hand gedrückt. Ich rolle dann gleich auf die Fähre und suche mir einen guten Platz für mein Rad. Dann gehe ich aufs oberste Deck, wo ich mich breit mache. Es ist eh keiner an Bord. Später kommen dann noch 3 Kärtner, mit denen ich ins Gespräch komme. (Anm.: mit Charly halte ich bis heute Kontakt und es hat sich eine tolle Brieffreundschaft entwickelt - im Foto ganz rechts). Die 3 machen jedes Jahr so einen Trip irgendwo hin. Charly war schon vor 29 Jahren das erste Mal auf Stromboli. Er ist auch so ein Reisender, war schon in Indien, Nepal etc. Der andere Charly ist vor 40 Jahren zur See gefahren. Der dritte im Bunde ist ein witziger Typ aus dem Gurktal, Hermann heißt er. Ich gebe dem einen Charly meine e-mail Adresse damit er mir die Fotos schicken kann, die er von mir gemacht hat.
Auf jeden Fall verkürzen mir die drei die Überfahrtszeit, wir trinken Bier und unterhalten uns wirklich gut. Ich stelle fest, dass ich nach so einer langen Zeit mal wieder recht froh bin, jemanden zum Reden zu haben. In Vulcano steigen die drei aus, wir verabschieden uns und dann geht es für mich Richtung Milazzo weiter. Heute ist so ein richtiger Toter-Punkt-Tag und ich überlege kurzzeitig, ob ich mich in Milazzo in den Zug setze und wieder nach Hause fahre. Aber mein innerer Schweinehund siegt und ich beschließe, doch noch weiter zu radeln. Die Überfahrt dauert dann noch bestimmt eine Stunde und bis wir endlich anlegen ist es schon nach 20 Uhr und es wird schon dunkel. Also muss ich mal wieder mein Rücklicht rauskramen.
Sizilien
Zum Glück habe ich den Campingplatz schon vom Schiff auf der vorgelagerten Halbinsel gesichtet und weiß schon wie ich fahren muss. Ich bin echt froh, als ich 5 km später auf dem Camping eintreffe. Im Dunkeln wird das Zelt aufgeschlagen, geduscht und dann will ich endlich mal wieder was gescheites essen gehen. Die Campingplatz-Pizzeria ist zu und so gehe ich in das nebenliegende sehr teure Restaurant. Man sitzt hier wunderschön über dem Meer, einfach toll für ein Pärchen und Candle-Light-Dinner. Ich werde scheinbar heute von Österreichern verfolgt, denn am Nebentisch sitzen vier Typen. Die reden total lautstark über Frauen (unmöglich) und sagen dann auch noch, dass hier im Lokal ja eh keiner deutsch spricht und sie ruhig ablästern können. Es ist todeswitzig, denen zuzuhören. („Die da drüben schreibt ja eh ihre Lebensgeschichte“ – ja, damit war ich dann gemeint. Ich zahle dann den stolzen Preis von 45€, habe dafür aber auch wirklich fürstlich gespeist: Gnocchetti mit Muscheln, Stücke vom Schwertfisch in einer super leckeren Currysauce mit Weißbrot zum Auftunken. Dazu trinke ich Wasser und eine 0,38 Liter (ja, sowas gibt’s) Flasche Wein. Zum Nachtisch gibt es dann leckeren Schokopudding und einen Cappuccino. Als ich gehe, drückt mir der Ober noch die Visitenkarte des Lokals in die Hand. Als ich sie mir dann im Zelt genauer anschaue, sehe ich, dass er seine Telefonnummer hinten drauf geschrieben hat – süß! Ich haue noch ein paar Heringe rein, denn es blitzt und donnert schon. Dann verstaue ich noch alles im Zelt. Im Endeffekt kommt das Gewitter aber dann doch nicht her.
Der Campingplatz ist mit € 7,50 der günstigste bisher. Ich fahre los und wundere mich schon, dass bis nach Bis Mazzara absolut niemand fährt. Die Straße wurde auf einem Stück von ca. 10 Metern weggeschwemmt und daher komplett gesperrt. Zum Glück kann man mit dem Rad an der Seite vorbeigehen. Ab Mazzara geht es dann auf einer landschaftlich sehr schönen Strecke und Straße hoch in die Berge. Es sind nicht soviele Autos unterwegs, wie befürchtet. 20 Kilometer geht es nun nur bergauf. Als ich kurz vor Novara di Sicilia Mittagspause machen, tun mir meine Oberschenkel ganz schön weh. Das kommt aber nicht vom Radeln, sondern von der Tour auf den Stromboli.
Novara di Sicilia ist wie ein Adlernest in den Berg gebaut und als dort ankomme, sehe ich auch schon von Weitem, wie die Straße weitergeht. Nämlich ganz rauf und unterhalb der Bocca Novara auf die andere Seite. Eine wunderschöne Strecke und jetzt fast keine Autos mehr, aber sehr steil.
Ich bin auch schon ausgepowert. 20 km bergauf bin ich noch nie geradelt. Ich bin total froh, als ich endlich an der Passhöhe (1125m) ankomme. Schnell noch ein Foto gemacht und dann geht es ganze 30!! Km nur bergab. Das ist bis jetzt die allerschönste Strecke. Ohne Autos, den Ätna immer im Blick und es geht auch so steil nicht runter, dass einen das Bremsen schon anstrengt. Einfach toll!
Deutsche Bahn - was für ein Saftladen!
Der Ätna hüllt sich mal wieder in Wolken ein und von hier oben sieht er auch gar nicht so steil aus. Allerdings sieht man schon noch Schneereste dort liegen. Immerhin, er ist ja auch 3323m hoch. Schade, dass es mit der Tour auf die Spitze nun doch nichts wird. Es ist extrem viel Vulkanaktivität in den letzten 2 Wochen aufgetreten und jetzt ist er für den Aufstieg komplett gesperrt. Von Francavilla di Sicilia geht es dann nur noch sanft bergab, d.h. man muss schon treten. Ich fahre dann über Calatabiano, weil die Straße jetzt brutal stark befahren ist und sause dann nach San Marco ans Meer. Dort ist auch gleich der Campingplatz, der auch eine Pizzeria dabei hat. Da werde ich futtern gehen. Vorher wasche ich noch, auch meine Jeans, denn die stinkt echt zum Himmel. Wahrscheinlich krieg ich die jetzt tagelang nicht trocken, aber so eklig wie die schon war, wollte ich sie nicht mehr anziehen. Zeltaufbau etc. geht alles schon wie Routine vor sich. Dann rufe ich bei der „F*%§#+“ Deutsche Bahn an. Die sind echt einfach nur unfähig. Erst hänge ich ewig in der Warteschleife, werde 3x verbunden, eine direkte Durchwahl kriegt man auch nicht und dann kommt die Ansage, dass alle im Gespräch sind und man es später wieder versuchen soll. Die kotzen mich dermaßen an! Als ich dann endlich jemanden in der Leitung habe, will die Tussi mir weismachen, dass es von Palermo nach Rom keine Fahrradmitnahme gibt. Das glaubt sie doch wohl selbst nicht. Außerdem geht es auch nicht, das Ticket per e-mail zu schicken und á la Bordkarte auszudrucken. Die können mich doch mal kreuzweise. Dann organisiere ich das halt ohne Vorabreservierung. Wahnsinn!
Morgen werde ich nur bis Catania biken und mich dort in den Zug nach Enna setzen. Von da aus dann weiterbiken. Am nächsten Tag per Rad nach Agrigento, Besichtigung und dann per Zug nach Palermo, wo ich mir dann meine Reservierung machen lasse. Wenn alle Stricke reißen, kann ich immer noch eine Nacht in Rom bleiben – gibt hässlichere Orte :-)
Auf jeden Fall gehe ich dann erst mal ins Lokal vom Campingplatz. Dort esse ich einen Vorspeisenteller, danach Fischplatte mit Tomatensalat.
Meine Oberschenkel brennen von der Stromboli-Tour (wahrscheinlich vom Abstieg im Dunkeln)! Da ist es ganz gut, wenn ich morgen nicht wieder 100 km radle. Wobei mir vom Radeln mittlerweile fast nichts mehr weh tut, selbst mein Hintern nicht mehr. Heute hatte ich auch wieder richtig Bock aufs Biken, nachdem ich gestern so einen total toten Punkt hatte. Jetzt bin ich froh, dass ich mich nicht in den nächsten Zug gesetzt habe.
Heute bin ich 3 Wochen unterwegs. Nachdem ich mein Zeug verpackt habe mache ich mich auf den Weg nach Catania. Die Strecke ist bis kurz vorher echt schön, sogar einen Radweg gibt es zeitweise. Die Fahrt nach Catania rein ist dann echt wieder mal gräßlich, die Stadt taugt mir überhaupt nicht. Die Ausschilderung zum Bahnhof auch eine Katastrophe. Auf 6-spurigen Straßen kämpfe ich mich zum Zentrum hoch. Am Ende, und nachdem ich einen Herrn gefragt habe, ist der Bahnhof unten am Hafen. Tolle Karte! Jetzt bin ich alles umsonst hochgefahren. Um 11 Uhr bin ich endlich am Bahnhof. Um 14.15 Uhr fährt ein Zug nach Enna. Endlich kommt der Zug und ein Typ hilft mir sofort beim Einladen. Die Sizilianer sind nochmal viel lieber und netter als die Festländer. Sogar die Dame am Bahnhof, die mir das Ticket verkauft hat, ist super lieb!
Der Zug fährt erst durch eine langweilige Ebene, dann wird alles hügeliger. Die Felder sehen plötzlich aus wie im September: alles verbrannt und abgeerntet. Aber sanfte Hügel wie gemalt mit vereinzelten Bäumen und alten Häusern. Es gibt alle braun- und beige-Töne, die man sich vorstellen kann. Und das hohe verbrannte Gras, über das der Wind streicht. Einfach eine tolle Landschaft! Ich steige kurz vor Enna, in Dittaino, aus und treffe mal wieder auf eine Straße, die nur für Anwohner geöffnet ist. Auch hier kein Verkehr und starker Gegenwind. Dann fängt es auch noch kurz zu tröpfeln an, was mir aber ganz recht ist. Überhaupt ist heute alles bewölkt und ich bin ganz froh darum.
Dann fahre ich über Raddusa zum Lago die Ogliastro. Der hat eine tolle türkisblaue Farbe. Leider führt mich der Weg nicht am Ufer entlang, sondern hoch auf 760 Meter nach Aidone. Ich wollte heute doch keine Bergstrecke mehr! Als ich in Aidone bin (bis dahin hat mich ein süßer Schlappohr-Hund begleitet) kann ich nicht mehr. Außerdem verliere ich im Vorderreifen schon wieder Luft. Zwar nicht viel, aber es muss schon ab und zu wieder aufgepumpt werden. In Aidone finde ich dann keine geeignete Unterkunft und so beschließe ich doch noch nach Piazza Armerina zu fahren. Das geht zum Glück fast nur bergab und um 19.30 Uhr bin ich endlich da.
Piazza Armerina - ein Highlight der Tour
Ich fahre noch durch den Ort durch und finde am Fuße der Stadt eine B&B Pension, sehr schön mitten in einem Garten gelegen. Erst will die Besitzerin 50€ haben, aber als sie meine Reaktion sieht, fügt sie gleich hinzu, aber da ich ja alleine wäre, würde es nur 40€ kosten. Das nehme ich an. Ich bin fix und fertig – mir ist schon total schlecht vor Anstrengung. Und viel gegessen habe ich heute ja auch nicht. Mittag noch ein paar Tuc-Kekse mit Philadelphia, das wars. Erst mal duschen, nasse Wäsche aufhängen und dann richte ich mich schon auf den Fußweg hoch in die Stadt ein, denn die Besitzerin hat mir eine gute Trattoria empfohlen. Als sie mich losgehen sieht, meint sie „Nein, ihre Tochter würde mich hochfahren“. Das ist natürlich super toll!
Die Trattoria da Gianni ist total klein, nur 4 Tische und direkt hinter dem Tresen wird gekocht. Es sitzen auch schon die beiden anderen hier drin, die ich vorhin schon beim Einchecken in die B&B gesehen habe. Wir kommen gleich ins Gespräch. Die beiden sind aus Mailand, sie allerdings aus Lausanne und so wird das ein Abend mit einem urigen Sprachengemisch aus englisch, deutsch, italienisch und französisch. Wein & Wasser sind ja schon obligatorisch, dazu Tomatensalat aus den absolut gigantisch leckeren sizilianischen Tomaten. Es gibt noch etwas breitere Tagliatelli mit frischer Tomatensauce und Aubergine. Dazu geriebener Schafskäse. So was von lecker, der Wahnsinn! Ab heute liebe ich Sizilien, was für ein tolles „Land“! Nachtisch gibt es dann auch noch - Cannoli - mit Mascarpone gefüllte Waffeln, ein Gedicht.
Heute war mal wieder super anstrengender Tag. Gleich nach dem Aufstehen flicke ich erst mal den Vorderreifen, der schon wieder Luft verloren hat. Ich hab ja beim Rabe in München vor der Tour noch so selbstklebende Flicken gekauft, die angeblich super sein sollen. Na, da sieht mans halt wieder, dass eben nur die altbewährten Flicken mit Vulkanisierkleber was taugen. Das Frühstück in der Großküche der B&B ist mal wieder der totale Hammer: 3 verschiedene Säfte, Kaffee, Tee, Zwieback, Baguette, diverse leckere Teilchen, Schinken, sizilianische Tomaten mit Käse, Obstsalat, Melone und am Schluss kommt dann noch das Highlight: geröstetes Weißbrot mit Olivenöl, darauf eine Mischung aus diesen endsgeilen getrockneten Tomaten und Oregano. Boa, ich schlage mir den Bauch voll, bis ich fast platze. Hier am großen Tisch wieder ein buntes Sprachengemisch aus italienisch, deutsch und englisch. 2 Italienerinnen sind noch da und ein Pärchen aus Köln. Und dann natürlich die beiden von gestern abend. Die zwei aus Köln sind normalerweise auch eher mit dem Rad unterwegs. Außerdem ist noch die Nonna (Oma) und ihr Enkel dabei, der recht gut englisch spricht. Alles sehr entspannt und lustig.
Danach packe ich meine Sachen zusammen, belade das Rad und düse runter zur Villa Romana del Casale. Diese Villa wurde in der spätrömischen Zeit erbaut und dann von einer Schlammlawine verschüttet. Daher sind, ähnlich wie in Pompeij, die Räume in einem sehr guten Zustand. Entdeckt und ausgegraben wurde die Villa erst in den 50er Jahren. Sie ist vor allem berühmt für ihre Bodenmosaike. Von der gesamten Anlage kann man als Besucher etwa 1/3 anschauen, der Rest wird gerade restauriert oder noch ausgegraben. Man läuft auf einer erhöhten Gangway über die Bodenmosaiken, damit nichts kaputt geht. Die Anlage selbst schaut von weitem aus wie ein Gewächshaus, da zum Schutz Glasgebäude darüber errichtet wurden.
Insgesamt hatte die Villa 45 Räume, die mit Thermenanlagen, einem unterirdischen Abwassersystem, Basilika etc. ausgestattet war. Die Bodenmosaiken sind wunderschön und so gut erhalten, als wären sie gestern da reingelegt worden. Ein Zimmer ist geschmückt mit Jagdszenen, der Gang ist komplett mit Mosaiken in Form von verschiedenen Tierköpfen ausgelegt.
Überhaupt war jeder einzelne Raum komplett damit ausgelegt. Jeder Raum mit anderen Darstellungen. Sogar dort, wo Vertiefungen in Form von Fusswaschbecken oder ähnlichem waren, war dies komplett mit Mosaiken geschmückt. Auch die Wänden waren bemalt, allerdings ist davon nicht mehr viel zu sehen. In einem anderen Raum stellen die Mosaiken am Boden 10 Bikinimädchen beim Ballspielen, Fitness mit Hanteln und sonstigem Sport dar.
Manche Gänge sind auch „nur“ mit geometrischen Mustern ausgelegt. Absolut grandios das Ganze! Ich mache den Rundgang durch die Räumlichkeiten gleich zweimal, beim zweiten Mal mit dem Tele um noch einige Detailaufnahmen von oben zu machen. Leider kann man die außerhalb der Besuchszone liegenden Thermenanlagen nicht besichtigen, da dort auch noch Ausgrabungen stattfinden. Am höchsten Punkt der Villa hat sich die Basilika befunden, die komplett mit geometrischen Mustern aus verschiedenfarbigem Marmor ausgelegt war. Auch hier wird gerade restauriert, aber das Grundgerüst lässt schon erahnen, wie toll das mal war.
Bis 11.30 Uhr streune ich hier rum, will aber heute noch nach (lt. Auskunft des Enkels in der B&B 120km entfernte) Agrigento. Wie soll ich das denn bitte schaffen? Da muss ich ja ganz schön Gas geben. Zunächst geht es mal schön langsam bergab. Auch hier erwische ich wieder eine Strasse, die für den Durchfahrtsverkehr gesperrt ist. Diese hat zwar extrem viele Schlaglöcher, aber ohne Autoverkehr.
Hitze ohne Ende
Heute ist es diesig, super heiß und außerdem bläst ein starker, genauso heißer Wind. Die Landschaft ist absolut grandios. Wer den Film „The Gladiator“ kennt und sich an die Szene erinnert, wo er durch das Weizenfeld läuft, weiß von was ich rede. Die Strecke ist super genial und es macht trotz der Hitze sehr viel Spaß hier zu radeln. Immer mal wieder ein kleiner Hügel drin, aber das juckt mich ja schon gar nicht mehr :-)
Irgendwann lande ich dann auf einer Schotterstrasse, die ich dann nach Himmelsrichtung fahre, da ich schon wieder die ausgewählte Strasse lt. Karte nicht erwischt habe. Die wird immer schlechter und schlechter und ich befürchte schon, dass sie wieder mitten in der Pampa endet und ich die ganze Strecke wieder zurück muss. Endlich komme ich dann aber doch wieder auf der Strasse raus, die ich eigentlich haben wollte. Diese mündet dann in einem wunderschönen Flusstal auf eine Schnellstrasse, auf der absolut kein Auto fährt. Diese Direttissima in Autobahnform, führt nun über eine Art ewig langgezogene Brücke über dieses Tal. Mitten in der prallen Sonne, immer leicht ansteigend und natürlich hat der Wind, wenn man ihn mal wirklich brauchen könnte, jetzt aufgehört. Die Strecke geht immer geradeaus, kein Auto und auch kein Ende dieser super langweiligen Strasse in Sicht. Das ist der totale Wahnsinn da rauf. Mein Trinkwasser hat auch schon lange die 30Grad-Marke überschritten und schmeckt zum Kotzen. Ich bin froh, als ich diese 8 km dieser verlassenen „Autobahn“ überstanden hab.
Dann geht es in ständigem Auf und Ab durch eine tolle Hügellandschaft, die mich sehr an die Toskana erinnert. Ich will hier jetzt endlich mal Pause machen, aber es gibt hier weit und breit keinen Schatten. Ab und zu tauchen kleine Teiche auf und am liebsten würde ich mich in voller Montur einfach reinstürzen. Endlich am Horizont sowas wie Bäume, eine Aprikosenplantage, wo ich ein bißchen Schatten finde. Hier esse ich den Rest vom Philadelphia, in den ich die Tuc-Kekse tunke. Bevor ich weiterfahre kippe ich mir das Wasser aus dem Brunnen von gestern (das eh schon leicht seltsam schmeckt) über den Kopf. Das kühlt, vor allem wenn der Fahrtwind reinbläst.
Mein restliches Wasser ist auch schon fast alle und ich hab total vergessen, dass heute Sonntag ist. Dann geht es weiter, es ist bereits 15 Uhr und ich muss noch mindestens 40km fahren. Es kommt dann noch ein ziemlich steiles Stück nach Naro hoch. Ich habe den Eindruck, dass es heißer nicht mehr werden kann. Zum Glück geht es hinter Naro bis zum Meer nur noch bergab. Allerdings ist der Wind jetzt wieder sehr stark und auch noch von der Seite. Dadurch kann man so schnell nicht runtersausen, denn man muss höllisch aufpassen, wenn mal wieder so eine Windböe von der Seite kommt. Mit Rumschauen wie toll die Landschaft ist, ist auf solchen Abfahrten auch nicht viel los, denn es kann immer mal unerwartet ein Schlagloch oder sonstiges auftauchen. Deshalb, wenn man fotografieren oder sich umschauen will, immer erst anhalten und ansonsten auf die Straße konzentrieren. Lediglich beim Bergauffahren, kann man sich mal erlauben, die Gegend zu begutachten.
Hier herrscht trotz „gelber“ Straße ziemlich viel Verkehr und ich werde auch wieder extrem oft angehupt. Manchmal nur aus Jux direkt neben mir, als Warnung „Achtung, hier komme ich“ oder als Ansporn. Als die Straße dann auch noch auf die „rote“ Hauptstraße nach Agrigento führt, ist es ganz vorbei. Hier kriegt man fast schon eine Abgasvergiftung, so viele Autos brausen an mir vorbei und gefährlich ist es noch dazu. Zum Glück muss ich diese gräßliche Straße „nur“ 10 km fahren. Dann tauchen ein paar der griechischen Tempel auf einem Hügel auf, dahinter oberhäßlich Agrigento.
Agrigento
Oh Mann, und da muss ich noch rauf. Allerdings sicherlich nicht mehr heute. Aber spätestens bei der Weiterfahrt muss ich da zum Bahnhof hoch, der nun tatsächlich mal oben und nicht am Meer liegt. Am besten ich fahr da gleich in der Früh rauf, dann sollte es nicht ganz so schlimm sein. Ich pedale dann noch 10km runter ans Meer nach San Leone, wo es einen Campingplatz geben soll. Der erste Camping ist mir zu weit vom Meer weg, den zweiten gibt es nicht mehr. Also immer weiter am Meer entlang bis zum Camping Nettuno. Der liegt direkt am Meer mit eigenem Strandzugang und sieht recht gut aus. Hier werde ich morgen einen Ruhe- und Badetag einlegen und übermorgen dann mit dem Zug nach Palermo fahren. Hoffentlich gibt es einen Bus zur Ausgrabung im Valle dei Templi. Außerdem muss ich dringend waschen und Einkäufe machen, da ich weder was zum Essen noch zu Trinken hab. Also, ob das unbedingt ein Ruhetag wird?
Nach dem Zeltaufbau gehe ich in das Camping-Restaurant zum Essen. Es gibt heute Meeresfrüchtesalat, Nudeln mit Muscheln, gegrillten Schwert- und Thunfisch und Tomatensalat. Danach kaufe ich im Camping-Supermarkt noch Wasser und bin dann restlos fertig.
Im Campingladen hole ich mir zum Frühstück erst mal ein Schokocroissant, das es dann vor dem Zelt zum Tee gibt. Während des Frühstücks fängt es leicht zu regnen an, aber das stört überhaupt nicht. Danach radle ich zur Bank und will auch noch Einkaufen, denn der Campingladen ist mir doch etwas zu überteuert. Auf dem Weg dorthin reissen die Wolken auf und es ist sofort brütend heiß. Da ich ja nun eh schon auf dem Weg zum Valle dei Templi bin, beschließe ich vor dem Einkaufen die Ausgrabungen zu besichtigen. Später hab ich dann bestimmt keine Lust mehr dazu. Bis zur Ausgrabung sind es ca. 7 km. Der Weg hinauf ist recht steil und mir graut schon morgen vor der Fahrt nach Agrigento hoch. Auch x Busse sind jetzt um 10 Uhr natürlich schon hier, aber das verläuft sich in der großen Anlage ganz gut. Der Eintritt mit €11 ganz schön happig, die Villa Romana dagegen hat nur €5 gekostet.
Ich bin ein bißchen enttäuscht von der Anlage, denn wenn man schon die Ausgrabungen in Griechenland und der Türkei gesehen hat, beeindrucken die 3 Tempel dann nicht mehr so. Relativ gut erhalten ist sowieso nur einer der Tempel, die anderen beiden sind schon sehr kaputt. Es wurde zwar sehr viel wieder aufgebaut, was toll ist. Die Lage hier oben auf der Hügelkette ist auch phänomenal. Teile der Stadtmauer sind auch noch erhalten und ein bißchen was von der Nekropole. Am unteren Tempel wird gerade gearbeitet und im Gerüst.
Was auch recht beeindruckend ist, sind zwei der 8m hohen Statuen, die einen Teil des Daches trugen. Diese liegen mittlerweile am Boden und sehen aus, als würden sie mit den Händen hinter dem Kopf schlafen. Ich frage mich, wie hoch dann wohl das ganze Gebäude war, denn die Statuen standen unter dem Dachfirst und darunter kam dann erst das eigentliche Gebäude von Säulen gestützt. Auch sehr schön sind die in einer Schlucht gelegenen Gärten, die schon damals zur Wasser- und Nahrungsmittelversorgung dienten. Hier wurde sämtliches Obst und Gemüse angebaut, denn es entspringt hier eine Quelle. Durch ein ausgeklügeltes Wassersystem wurde auch die Stadt damit versorgt. Es wurde versucht, die Pflanzen, Bäume und Gemüseplantagen wieder herzurichten, damit man sich vorstellen kann, wie fruchtbar es damals hier war.
Nach 2 Stunden mache ich mich wieder auf den Weg zurück. Ich finde zum Glück noch einen geöffneten Supermarkt (hier ist ja immer von ca. 13-16 Uhr Mittagspause). Auf dem Campingplatz gibt es eine Waschmaschine und so wird alles mal wieder super sauber. Nur die weiße Wäsche, von der ich nicht so viele Teile dabei habe, wird per Hand gewaschen. Während die Maschine läuft, mache ich mir was zum Essen. Es gibt, wen wundert es, mal wieder Tomatensalat mit Mozzarella (die Tomaten in Sizilien sind einfach so lecker!!!!), Salami, Käse, Fisch aus der Dose und ein Panini. Dann hänge ich die Wäsche auf und gehe an den Strand. Es ist sehr windeig geworden und ich schaue den Kite-Surfern zu. Dann suche ich mir ein windgeschütztes Plätzchen in den Dünen, denn sonst fliegt einem der ganze Sand um die Ohren. Das ist hier ein menschenleerer Sandstrand mit glasklarem Wasser. Echt toll! Hier verbringe ich den Nachmittag mit Nichtstun, schwimmen und sonnen. Abends koche ich mir dann Ravioli (gefüllt mit Spinat und Ricotta) in Käsesauce „4 formaggi“, dazu natürlich wieder Tomatensalat. Den werde ich hier essen, bis er mir aus den Ohren rauskommt, denn solche genialen Tomaten krieg ich in Deutschland sicher nicht. Ich hab auch immer mal wieder Ansprache durch die vielen Wohnmobilisten, die mich natürlich schon alle kennen, denn wer fährt schon alleine als Frau mit dem Rad durch die Gegend. Nach dem Essen noch Abspülen, Tagebuch schreiben und dann wird es eh schon dunkel. Morgen muss ich sowieso früh raus, wenn ich ohne allzu großes Verkehrschaos in die Stadt hochkommen will.
Bereits um 6.30 Uhr ist es schon wieder warm, aber es ist noch keine Sonne zu sehen. Es ist heute schon wieder so diesig. Ich brauche fast eine Stunde bis an den Bahnhof hoch und habe dann aber Glück, denn der nächste Zug nach Palermo geht um 8:15 Uhr. Die Fahrt nach Palermo dauert ca. 2 Stunden. Dort angekommen muss ich zum ersten Mal mein Rad nicht runterheben, man kann es hier ebenerdig aus dem Zug auf den Bahnsteig schieben, mei ist das bequem!
Bozen - Palermo ist geschafft
(na ja, ein bisschen beschissen hab ich dabei schon mit meinen 3 Zugfahrten)
Hier frage ich dann nach meiner Zugfahrt zurück nach Deutschland. Aber wie schon vermutet, ist es hier nicht möglich die City-Night-Line von Rom nach München zu reservieren. Die Dame ruft sogar noch jemanden an, um sich zu erkunden. Noch gibt es einen Zug mit Radabteil direkt von Palermo nach Rom, da auf dieser Strecke nur Intercity verkehren. Ich überlege kurz, ob ich dann nach Messina mit dem Zug fahre (die Zeiten lasse ich mir gleich raussuchen), dort mit dem Schiff aufs Festland und dann mit diversen Regionalzügen nach Rom, um dann auf gut Glück noch einen Platz für mein Rad in dem Radwaggon zu bekommen. Das erscheint mir dann aber doch zu umständlich und zeitraubend. Schon wenn alles geklappt hätte, wäre ich 24 Stunden alleine bis Rom unterwegs. Wenn ich mit x Mal umsteigen fahre, bin ich wahrscheinlich 2 Tage unterwegs und zahle mich dumm und dämlich.
Also pedale ich durch das morgendliche Verkehrschaos runter zum Hafen. Dort gibt es mit Grandi Navi Veloci 3 Möglichkeiten, von Sizilien wegzukommen: nach Genua, Livorno oder Civitavecchia. Genua ist die längste Strecke und kostet im Pullmansitz nur €38, die Hälfte von Livorno oder Civitavecchia, was kein Mensch versteht. Das Fahrrad kostet nichts. Dann rufe ich mal wieder bei der Deutschen Bahn an wegen einer Verbindung per Zug von Genua nach München. Die erklären mir, dass es aus Italien raus nur von Rom möglich ist, ein Rad mitzunehmen, sonst von keiner anderen Stadt. Das gibt’s ja wohl gar nicht. Was ist das denn für ein beknackter Verein? Also sollte jemand von der Deutschen Bahn das hier lesen - wäre mal ein Verbesserungsvorschlag, alle größeren Strecken an das Rad-Zug-Netz anzubinden. Ein Gepäckwagen wird ja wohl immer dabei sein.
Also rufe ich Martin an, ob er mich auch in Genua mit dem Auto abholen würde, was e rnatürlich machen kann. Natürlich könnte ich auch von Genua heimradeln, aber da wäre ich dann wahrscheinlich noch mal eine Woche unterwegs. Noch dazu habe ich dazu eigentlich keine große Lust mehr, denn die Reise habe ich im Kopf schon hier in Palermo abgeschlossen. Also buche ich mir einen Pullmansitz. Für das Geld ist eigentlich jeder blöd, der mit dem Zug fährt, denn das würde mich über €200 kosten. Ist doch Wahnsinn!
Dann radle ich aus Palermo raus nach Sferracavallo, wo ich vor 4 Jahren schonmal in einer B&B war. Mit Nicole (aus Deutschland) und Francesco (aus Sizilien) hatte ich über die Jahre immer noch per e-mail Kontakt und ich will mal sehen, ob sie noch ein Zimmer für mich frei haben, denn nach Trapani schaffe ich es heute eh nicht mehr. Auf Anhieb finde ich es nicht mehr, bin dann aber doch um 13 Uhr da. Nicole ist sogar zuhause und hat auch noch ein Zimmer frei. Sie freut sich riesig und kann es gar nicht glauben, dass ich die Tour wirklich gemacht habe.
Ich werde spontan abends zum Essen eingeladen. Erst mal trage ich aber mein Zeug hoch, das Fahrrad kann ich im Treppenhaus abstellen, dann eine Dusche! Nicole und Francesco haben mittlerweile 2 Söhne (Bruno 5 Jahre und Raul 2 Jahre). Auch haben sie nur noch 2 Zimmer zu vermieten, so dass ich wirklich Glück habe, dass noch was frei ist. Nicole gibt mir die Zutrittskarte für deren Strandplatz in Mondello, wo ich dann den Nachmittag im Liegestuhl verbringe. So mach ich mal wieder auf faul und hab schon wieder einen Megakohldampf. Heute hab ich ja auch noch nicht viel gegessen (2 hartgekochte Eier, etwas Brot, Käse und Wurst, 1 Joghurt und die restlichen Tuc-Kekse).
Das Wetter ist wirklich komisch heute, erst regnet es und ich überlege schon, ob ich wieder zurückfahre. Dann brennt die Sonne wieder runter. An der Bar trinke ich einen Aperol-Spritz und lasse es mir so richtig gut gehen. Dann radle ich wieder zurück.
Abends kocht Francesco dann Risotto mit Muscheln und Zucchiniblüten, sehr lecker! Dazu Salat und als Nachtisch süße Teilchen, die ich vorher noch besorgt hatte. Dazu leckeren Wein und endlich mal Leute zum Reden. Das ist echt toll! Wir reden über Gott und die Welt bis 1 Uhr morgens. So spät bin ich schon lange nicht mehr ins Bett gegangen.
Vor dem Frühstück packe ich schon mal meine Sachen aufs Rad, Frühstück gibt es erst um 08:30 Uhr. Das Pärchen aus dem zweiten Zimmer (aus Frankreich) ist auch mit dabei. Er kann recht gut englisch, sie überhaupt nicht. Die lernen scheinbar auch in Frankreich keine Weltsprache. Ich verstehe das echt nicht, ist für mich unbegreiflich. Das Frühstück ist wieder mal toll und Nicole erklärt mir dann, warum das in den B&B mit dem Frühstück so unterschiedlich ist. Eigentlich darf man lt. Gewerbeamt zum Frühstück nur abgepackte Sachen (also Portionsmarmelade etc.) verwenden. Da das aber natürlich nicht so toll ist, machen manche B&B halt ein Frühstück aus frischen Zutaten, was die eigentlich gar nicht dürften. Lediglich die Agriturismo dürfen frische Zutaten verwenden, da bekommt man dann Sachen aus dem eigenen Anbau. Leider habe ich das gar nicht ausprobiert auf meiner Tour. Als ich losfahre weigert sich Nicole, Geld für die Übernachtung zu nehmen, also lasse ich €10 für die Putzfrau da.
Ausspannen auf den Egadischen Inseln - ein Südseetraum!
Wir verabschieden uns und ich sag ihr nochmal, dass sie jederzeit bei mir einfallen dürfen, wenn sie mal in München sind. Und eine BMW-Welt Führung ist dann natürlich mit inbegriffen. Francesco ist Architekt und sehr daran interessiert. Es geht fast immer schön am Meer entlang und heute ist das Wetter auch richtig super. Klare Luft, man sieht ewig weit, strahlend blauer Himmel. Über den Bergen hängen noch ein paar Wolken, aber ansonsten ist es richtig toll. Auf dem ersten Schild sind nach Trapani 99 Kilometer angeschrieben. Das schaffe ich ja heute auf keinen Fall mehr.
Ich mache an einem super schönen Strand in Trappetto Mittagspause. Allerdings muss ich danach dann erst mal zur Hauptstraße hochschieben, denn das ist viel zu steil. Dann geht es weiter auf sehr schöner Küstenstraße bis Castellamare delle Golfo. Dann ein „Pass“ auf 300m hoch. Die Straße da hoch ist stark befahren und macht überhaupt keinen Spaß. Außerdem kann ich das ständige Anhupen echt nicht mehr hören. Ich fahre sowieso schon so weit rechts wie es geht. Und dass von hinten ständig Autos kommen, ist mir hinreichend bekannt, da brauch ich keine Warnung mehr. Von oben hat man dann einen phantastischen Blick über die Stadt und die ewig lange Sandbucht, das macht die scheußliche Auffahrt dann wieder wett.
Ich beschließe dann dem Tipp von Nicole zu folgen und fahre nach Scopello. Eine traumhaft schöne Küste ist das hier! Aber brutal steil. Dann fahre ich zu dem zuvor schon gesichteten Campingplatz. Aber der ist so scheußlich, außerdem absolut keiner da (sieht eher aus, als ob er nicht geöffnet wäre), dass ich beschließe doch noch bis kurz vor Trapani zu fahren. Also muss ich das ganze steile Stück bis zur Hauptstraße wieder hoch. Dann geht es weiter durch ein paar Tunnelgalerien hinauf. Ich bin total froh, als diese Steigung endlich hinter mir liegt, denn auch hier wieder rote Hauptstraße, die man auf Seitenwegen nicht umfahren kann. Leider kommt dann doch nochmal ein Paß und ich bin schon ganz schön ausgepowert. Endlich geht es dann in Serpentinen runter zum Meer und im nächsten Ort frage ich nach dem Campingplatz. Wieder zurück, sagt mir die Frau, die ich angesprochen hab. Na toll, ich pedale also nochmal 4 km zurück, bis die Ausschilderung zum Camping dann endlich auftaucht. Es gibt hier nur Dauercamper (die aber nicht anwesend sind). Außerdem sind zwei Zelte da. Schön ist der nicht, nur kalte Duschen, aber Hauptsache Wasser. Der Ort ist wie ausgestorben, hier gibt es keinen Supermarkt, nichts. Also muss ich entweder mit dem noch vorhandenen Wasser haushalten oder das vom Campingplatz-Hahn trinken. Zum Abendessen gibt es Baguette mit Philadelphia und Salami, ein hartgekochtes Ei, Tomatensalat, ein paar eingelegte Sardellen und Auberginensalat aus der Dose. Danach noch die süßen Teilchen, die mir Nicole mitgegeben hat. Dann wird es auch schon dunkel und ich krieche ziemlich geschafft in mein Zelt. Zum Glück sind es morgen bis Trapani nur noch 15 km.
Als ich nachts mal aufstehe, um aufs Clo zu gehen, falle ich fast über einen vor dem Trinkwasserhahn sitzenden Franzosen (die sind nachts noch auf den Campingplatz gekommen). Ich hab ja auch keine Kontaktlinsen drin und seh den erst im letzten Moment. Er quatscht mich an, alles natürlich auf französisch. Darauf hab ich jetzt echt keinen Nerv, bin außerdem noch im Halbschlaf. Ich mache ihm nach 5 min. gegenseitigem Nichtverstehens (er kann, wen wunderts auch kein englisch, obwohl er mich 3x fragt, dann aber fröhlich auf französisch weiterlabert), dass ich jetzt wieder schlafen gehe. Außerdem steh ich da im T-Shirt und Unterhose. Was für ein Affenarsch! Am Morgen hab ich dann einen Zettel vor meinem Zelt mit einer Telefon-Nr, seinem Namen und dem Hinweis „number is french“. Den Zettel lasse ich mal ganz dezent am Platz liegen und verkneife mir das Frühstück hier. Habe nämlich keinen Bock auf ein weiteres Gespräch mit ihm. Dann rolle ich baldmöglichst vom Platz und mit einer riesen Autokolonne von in Trapani Arbeitenden dorthin.
In Trapani kaufe ich mir erst mal das Ticket nach Favignana, die größte Insel der Egadischen Inseln. Das Schiff geht erst um 11 Uhr, also habe ich noch genügend Zeit, mir Trapani anzuschauen. Der Typ im Reisebüro ist super nett und gibt mir gleich noch einen Prospekt und Landkarte von den Inseln mit. Er geht sogar noch mit mir vor das Büro, um mir zu zeigen, wo dann die Fähre genau abfährt, schreibt mir noch den Namen des Schiffes „Zeus“ auf und meint, wenn ich es nicht finde, soll ich vor Abfahrt einfach nochmal wiederkommen, dann würde er mit mir dorthin gehen. Super nett mal wieder! Ich fahre dann durch die Straßen und setze mich in ein schönes Cafe zum Frühstücken. Es gibt mal wieder Schokocroissants und 2 Cappuccini. Dann frage ich gleich beim Bezahlen nach dem Bahnhof. Dort angekommen, schaue ich nach, wann die Züge nach Palermo gehen (für die Rückfahrt nach den Egadischen Inseln). Es gibt einen Zug um 16 Uhr, der sage und schreibe 3 Stunden nach Palermo braucht. Da bin ich ja mit dem Rad ja fast genau so schnell. Na ja, hilft ja nichts.
Ich will dann in der Stadt, die sehr schön ist, noch etwas sightseeing machen. Da kommen mir diese blöden Franzosen im Auto entgegen. Oh Gott, die wollen doch hoffentlich nicht auch auf die Egadischen Inseln. Das würde mich ja brutal nerven! Zum Glück ist dem dann aber nicht so.
Um 10.30 Uhr fahre ich dann zum Hafen und warte auf mein Schiffchen, das wegen dem starken Seegang heute Verspätung hat. Mein Rad wird dann super verzurrt und schon geht es los. Brutal, was das heute für Wellen sind und wie die Fähre sich da durchpflügt. Levanzo kommt als erstes näher, dann natürlich Favignana und ganz im Dunst sieht man auch Marittimo, die kleinste der Egadischen Inseln.
Nach 1 Stunde Fahrzeit legen wir an und ich suche den Camping Miramare, der im Reiseführer von Nicole am besten beschrieben war. Den gibt es aber nicht mehr, nur noch den Camping Egad, erklärt mir die Dame an der Rezeption von der Bungalowanlage Miramare. Der Camping Egad ist aber auch sehr schön und fast kein Mensch dort. Nur ein paar Leute in den ebenfalls zu vermietenden Bungalows. Ich bekomme ein schönes, schattiges Plätzchen zugewiesen. Die Insel ist genau richtig, um die letzten 4 Tage zu entspannen. Es gibt kaum Autos und alles ist bequem abzuradeln. Der Campingplatz hat auch einen kleinen Market, in dem es aber nicht gerade viel zu kaufen gibt, ein Cafe und ein Restaurant. Nach einem kleinen Mittagessen vor dem Zelt, packe ich meine Badesachen und düse zum Meer. Es gibt hier, zumindest wo ich heute war, fast nur Felsenklippen, aber die Farbe des Wassers ist einfach traumhaft!!
Am tollsten ist bisher die Cala Rossa. Auch Bue Marino ist toll. Was hier am Verrücktesten ist, dass die ganze Insel aus Tuffstein besteht und man in früherer Zeit hier aus den Tuffsteinbrüchen sich das Gestein zum Häuserbau für ganz Sizilien rausgeschnitten hat. Der Stein ist sehr weich und man kann ihn mit Sägen herausfräsen. Bis zum Meer hin wurde der Tuffstein abgebaut und so sind teilweise kerzengerade Platten am Meer, auf denen man super liegen kann, entstanden. Im Landesinneren wachsen nun in den Steinbrüchen, die so entstanden sind wilde Feigen und Wein.
Die meisten Bewohner bauen in den Steinbrüchen nun ihr Obst und Gemüse an. Es ist windgeschützt und die Sonne kann schön von oben reinbrennen. Teilweise ist die Insel durchlöchert wie ein schweizer Käse. Ich fahre bis zum Leuchtturm, aber da ich meinen Schlüssel fürs Radschloss vergessen habe, wird es hier nichts mit dem Baden, dann da müsste ich das Rad oben unbeobachtet stehen lassen. Ich radle die gesamte Ostküste der Insel ab. Die Cala Azurra ist nicht ganz so schön und der Lido Burrone, ein Strand aus weißem Sand ist voll mit Sonnenschirmen. Morgen werde ich gleich früh zur Bue Marino fahren, da scheint dann die Sonne voll hin.
Ich fahre dann nach Praia, dem Hauptort der Insel. Endlich finde ich einen Laden, aber das Angebot an Obst ist echt dürftig. Bei der Weiterfahrt entdecke ich dann einen besseren mit tollem Obstangebot. Am Camping zurück wird erst mal geduscht. Da hier auf der Insel nicht unendlich viel Wasser zur Verfügung steht, muss man sich zum Duschen Gettoni kaufen. Eine Münze reicht aber locker für eine ausgiebige Dusche. Danach futtere ich die Chips (die müssen weg) und trinke den soeben gekauften Wein dazu. Ich mache noch einen kleinen Spaziergang und dann ist endlich Essenszeit. Vor 20 Uhr braucht man sich hier in kein Lokal begeben, da gibt es einfach noch nichts. Ich bestelle Penne al Pomodoro (die Sauce ist sicherlich gekauft, wie die schmeckt), Scaloppine al Limone (das wiederum schmeckt sehr lecker) und Tomatensalat. Ich bekomme einfach 2 noch nicht ganz reife Tomaten aufgeschnitten hingestellt. Auf jeden Fall habe ich schon besser gegessen und werde das Campingrestaurant nur einmal aufsuchen.
Die nächsten Tage verbringe ich mit dem Erkunden der Insel, Baden, Sonnen, faulenzen. Echt toll. Ich gehe jeden Abend essen, immer woanders hin. Ich ersteige den höchsten Berg mit der Burg oben, von wo man einen super Blick über die Insel hat. Jetzt am späten Nachmittag, wenn es nicht mehr ganz so heiß ist, ist das Licht genial und Praia wird direkt von der Sonne angestrahlt. Ich bin alleine, bis auf eine italienische Familie, die mit ihren zwei Kindern auch den Aufstieg gewagt haben.
Dann als Highlight mache ich noch eine Führung durch die dortige Thunfischfabrik. Noch vor ein paar Jahren wurden hier die Thunfische mit einer sehr effektiven Methode gefangen. Hier die Erklärung aus Wikipedia, die können das besser, als ich: Die Mattanza (it. „Abschlachten“) ist die traditionelle Thunfischjagd vor den Küsten Siziliens und Sardiniens. Ab März ziehen die Thunfischschwärme durch die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer, um ihre Laichgründe aufzusuchen. In Meerengen treiben die Fischer ab Mai vorbeiziehende Fischschwärme in ein System von Netzen, die verschiedene Kammern bilden. Die Thunfische werden durch die Kammern, die immer mehr zusammengezogen werden, bis in die innere Kammer (südital. cammera della morte, „Todeskammer“) gelotst, aus der sie dann mit Enterhaken auf die Fischerboote gehoben werden. Der gefangene Thunfisch wird an Land direkt in der tonnara (von tonno, „Thunfisch“) weiterverarbeitet. Die Erträge der Mattanza sinken durch die Überfischung der Bestände ständig, sodass die Mattanza heute eher ein touristisches Ereignis ist. 2003 und 2004 konnte sie in Trapani nicht mehr stattfinden. Die Thunfischschwärme wurden bereits vorher durch internationale Fischfangflotten vollständig abgefischt.
Mittlerweile gibt es dieses Ereignis dort nicht mehr. Das ganze war ein ziemlich blutiges Gemetzel und außerdem für die Fischer nicht ganz ungefährlich, denn die Thunfische sind sehr schwer, haben scharfe Flossen und haben sich natürlich gewehrt. Ich höre mir die Führung in italienisch an, da hier absolut keine Touristen sind, sodass ich nicht ganz soviel verstehe.
Danach bemerke ich, dass mir mein Multitool aus der Satteltasche geklaut wurde. Scheiße, jetzt brauch ich es zwar wahrscheinlich nicht mehr, aber trotzdem ärgerlich. Waren bestimmt die Kids, die sich da rumgetrieben haben.
Ich lerne auch einen ca. 60jähren Mann kennen, der mir die Insel zeigt. 4-5 Monate lebt er hier, ansonsten in Turin und wir verbringen einen recht lustigen Abend. Am nächsten Tag zeigt er mir alles und wir werden von seiner Schwester zum Mittagessen eingeladen. Ich glaube, er denkt, dass ich ein bißchen verrückt bin, alleine hier mit dem Rad rumzufahren. Auch hier ist eine Verständigung nur auf italienisch möglich, aber mittlerweile verstehe ich fast alles, nur mit dem Reden ist es noch nicht so weit her.
Was einfach gigantisch ist, ist das Wasser hier! Die Cala Rossa ist einfach am tollsten. Man muss sich zwar einen geeigneten Platz suchen, wo man ins Wasser geht und man auch gut wieder rauskommt, aber wenn man ein paar Meter rausschwimmt, da wo es wieder heller wird, kann man wieder stehen und zwar in feinstem Sand. Das Wasser hat die schönsten Blau- und Türkistüne, einfach phantastisch!
Jeden Tag fahre ich gleich morgens hierher. Dann ist man noch ganz alleine und gegen Mittag, wenn es mir eh zu heiß wird, fahre ich wieder auf den Campingplatz, wo ich mir was zum Mittagessen mache und dort, bis es wieder etwas „kühler“ wird, im Schatten faulenze.
Jeden Tag habe ich schönstes Wetter und das Überzelt über meinem Zelt hätte ich mir echt sparen können.
Ich fahre einmal nachmittags zu den größten Tuffsteinbrüchen am Meer hinter der Cala Rossa und mache mich zu Fuß auf den Weg. Das sieht echt gigantisch aus, wie hier die Brocken senkrecht aus dem Fels geschnitten wurden. Kein Mensch ist hier, nur ein paar kreischende Möwen, ein Hoppelhase, Eidechsen und ein paar pechschwarze Schlangen (Anm.: mittlerweile hab ich das gegoogelt, es sind wahrscheinlich Äskulapnattern). Die verkrümeln sich aber immer so schnell, dass ich meistens nur noch das Ende im Gebüsch verschwinden sehe. Ich klettere durch das „zerschnittene“ Gebiet, immer mal wieder steht klasklares Wasser in den niedriger gelegenen Teilen und alles ist durchwachsen mit Kapernbüschen, wilden Feigen und sonstigem Gestrüpp.
Einen Tag erkunde ich auch die Westseite der Insel, die strandtechnisch wirklich nur halb so schön ist wie die Ostseite. Ich radle ganz raus zum Capo Faraglione, wo das schönste Tauchgebiet sein soll. Hier lege ich einen Badestopp in einer schönen Bucht ein. Überhaupt soll es hier gigantisch zum Tauchen und Schnorcheln sein. Mein Schnorchelzeug hab ich natürlich nicht mitgeschleppt, aber so eine Schwimmbrille werde ich in Zukunft auf jeden Fall einpacken. Auf meiner Karte ist ein Weg über die Hügelkette von der Ost- auf die Westseite eingezeichnet, den ich fahren möchte. Von Straße oder auch Weg kann überhaupt keine Rede sein, obwohl die Befestigung von unten so aussieht. Es ist lediglich noch ein Pfad durch die Pflanzenwelt vorhanden. Früher, bevor es den Tunnel unten gab, war das bestimmt mal die Hauptstraße. Hier kann ich nur raufschieben, so steil und unwegsam ist das an manchen Stellen. Einen tollen Blick von der Passhöhe über die ganze Insel bis nach Trapani.
Auch mein Handy und meinen Fotoakku muss ich laden lassen, da aber kein Strom in den Toiletten ist, gebe ich das Zeug an der Campingrezeption ab, die laden es mir.
Alles in allem, eine super tolle Zeit auf dieser schönen Insel und ein paar Tage hätte ich es hier schon noch ausgehalten.
Am Abfahrtstag packe ich gemütlich alles zusammen. Ganz easy passt jetzt alles in die beiden Packtaschen. Habe natürlich auch einiges entsorgt und der Rucksack ist jetzt wieder voll bis oben hin. Auf dem Campingplatz frühstücke ich dann noch im Cafe. Mit 53€ für 5 Übernachtungen war der Campingplatz auch wirklich günstig.
Gegen Mittag geht die Fähre, ich bin um 14 Uhr in Trapani, wo ich zum Glück gleich zum Bahnhof radle. So erwische ich noch den Zug, der um 14.22 Uhr nach Palermo fährt. Da ich aber kein Fahrradabteil an dem Zug entdecke, frage ich den Bahnhofsvorsteher, ob ich diesen Zug mit Fahrrad nehmen kann. Er ruft dem Schaffner zu, dass noch ein Passagier mit Fahrrad mit muss. Ich habe keine Ahnung, wie das Rad in den Gepäckwagen gehievt werden soll. Der Höhenunterschied beträgt ca. 1,20m. Aber der Schaffner und noch ein Typ wuchten das Rad, mit dem Hinterrad zuerst, einfach da hoch. Und schon sitze ich im Zug und los geht’s nach Palermo.
Der Zug zockelt einen riesen Umweg durch die Täler, braucht aber nur 2 Stunden, im Gegensatz zu dem um 16 Uhr, der 3,5 Std. gebraucht hätte. Wahrscheinlich hält der dann auch noch in jedem Kuhdorf. Die Landschaft auf der Fahrt auch wieder echt toll, hügelig und hier hätte ich jetzt wieder richtig Lust zum Radfahren. Aber irgendwie bin ich ganz froh, dass es jetzt Richtung Heimat geht. In Palermo-Notarbartolo muss man aussteigen. Wegen dem U-Bahn-Bau fährt der Zug nicht bis Palermo-Centrale. Ich radle zum Hafen und von da aus ein ganzes Stück Richtung Mondello, bis ich einen annehmbaren Strand finde, wo ich noch ein letztes Mal reinspringe. Zum Glück ist noch etwas Sonne da, sodass ich halbwegs trocken werde. Dann verschwindet sie in den Wolken und ich packe mein Zeug zusammen. Auch nervig, dass ich immer allen Kram mit mir rumschleppen muss, weil ja keiner drauf aufpasst. Bin total froh, wenn ich endlich mal wieder wo entlangschlender kann, ohne wie ein Packesel bepackt zu sein. Dann radle ich langsam Richtung Hafen zurück und in das Straßenchaos rein. Da muss man sich wirklich immer wieder neu daran gewöhnen, aber cool ist es ja schon, so einfach zwischen den Autos durchzuflitzen.
Per Fähre von Palermo nach Genua und ein gestohlenes Auto
Am Hafen angekommen, checke ich auch gleich beim Schiffsbüro ein, der Typ sagt mir, das Schiff wäre die „La Suprema“. Ein Riesenkasten von Schiff, ca. 10 Stockwerke hoch. Da mache ich erst mal noch ein Foto davon und frage dann die rumstehenden Amtstypen, wo ich mich anstellen soll. Mir ist nicht ganz klar, ob ich in die Auto- oder in die Menschenschlange gehöre. Er meint, ich soll mich gleich mal vor das erste Auto an die Rampe stellen. So mag ich das :-)
Als allererstes darf ich dann später in den Schiffsbauch und ein Plätzchen für mein Bici wird mir zugewiesen. Die werden das ja hoffentlich noch verzurren. Ich nehme alles mit, was ich brauche und fahre mit dem Aufzug (bei 10 Stockwerken braucht man das schon) in den 4. Stock, wo die Pullmansitze sind. Mein Platz ist absolut beschissen: in der ersten Reihe mittendrin, direkt neben dem plärrenden Fernseher. D.h. wenn ich Pech habe, sitze ich zwischen 2 schnarchenden Typen. Da hab ich ja echt keinen Bock drauf, aber bei €38 kann man sich ja nicht beschweren. Also schau ich mich erst mal auf dem Kutter um und organisiere mir einen Liegestuhl. Es ist ja noch keiner an Bord außer mir. Da werde ich doch mal schauen, ob ich nicht im Freien auf der Liege pennen kann oder ob mich da jemand wegscheucht. Es gibt echt alles auf dem Kahn: Restaurants, Pool, Cafe, Disco, Shops, Kinderland. Bis zur Abfahrt des Schiffes futtere ich mein Abendessen bestehend aus Joghurt, Keksen und ein paar Zwetschgen.
Von den Mitreisenden werde ich hier oben mittlerweile total eingequalmt, jeder kommt zum Rauchen hier raus. Na ja, bis zur Abfahrt wird es wohl nicht mehr solange dauern und dann werden die meisten zum Essen oder in ihre Kabinen gehen. Nicole hat mir übrigens den Tipp gegeben, beim nächsten Mal eine 4-Bett-Außenkabine für Frauen zu nehmen. Da wär man immer allein in der Kabine, denn die meisten Frauen, die sparen wollen, nehmen sich keine Außenkabine. Muss ich mir merken und beim nächsten Mal ausprobieren. Mit etwas Verspätung, weil doch einige Lkws einzuladen sind, verlassen wir um 22.30 Uhr den Hafen von Palermo. Mittlerweile ist es recht zugig geworden und ohne Schlafsack ist es wohl doch keine so gute Idee, auf Deck zu übernachten. Also gehe ich wieder runter zu den Pullmansitzen. In meinem Sitz hat sich mittlerweile eine fette Tussi breitgemacht und no way, dass ich neben der penne. Da zum Glück nur die Hälfte des Saals belegt ist, finde ich ganz hinten noch eine unbelegte 3er Reihe, die ich in Beschlag nehme. Ist zwar nicht das Allerbequemste, aber immer noch besser, als sitzend zwischen zwei Leuten eingequetscht. Noch Ohrstöpsel rein und dann hört man nur noch das Stampfes des Schiffes.
Morgens genehmige ich mir hier erst mal einen nicht wirklich leckeren Cappuccino und ein Schokocroissant. Dann schleife ich mein Zeug hoch aufs Pooldeck, wo schon schön die Sonne hinscheint und organisiere mir eine Sonnenliege. Ich verbringe hier den ganzen Tag mit faulenzen, später kommt man an Korsika und Elba vorbei. Bevor wir nach Genua kommen, gehe ich noch Duschen. Ich habe eine Dusche entdeckt, die nicht bei den Pullmansitzen ist und so auch keiner benützt. Dadurch habe ich eine saubere Dusche ohne kiloweise Haarbüschel und Ekelalarm.
5 Wochen habe ich Martin jetzt schon nicht mehr gesehen und ich schaue mir die Augen vom Deck aus, wo er denn ist. Aber er durfte aufgrund Zollbereich (es kommen hier ja auch Schiffe aus Tunis und Algier an) nicht bis zum Schiff gehen, sodass es doch kein Foto gibt, wie ich mit meinem Bici aus dem Schiffsbauch rolle. Die Wiedersehensfreude ist schon groß und fast erkennt er mich nicht mehr, weil ich mega-braun gebrannt bin. Zunächst laden wir mal das Radl auf mein Auto, fahren tanken, gehen dann später noch etwas essen und fahren aber die ganze Nacht durch, bis wir morgens um 7 Uhr in München sind. Wir sind fix und fertig und wollen nur noch pennen. Aber schon um 9 Uhr klingelt mein Telefon und Christiane (eine Arbeitskollegin) ist dran. Sie will mich wegen meines gestohlenen Autos sprechen. Hä? Verstehe nur Bahnhof und im ersten Moment denke ich, dass in der Nacht vor meiner Wohnung das Auto gestohlen wurde.
Später stellt sich dann folgendes heraus:
Martin hat mein Auto in der Niederlassung, wo es zum TÜV-Machen stand, abgeholt. Dort hat er auch Bescheid gegeben, dass er das Auto holt, um mich in Genua abzuholen. Er hat sich zwar noch gewundert, warum alles offen ist und der Schlüssel steckt, ist aber dann losgefahren. Tatsache war, dass das Auto noch nicht fertig war und der TÜV-ler sich das Auto 10 min. später holen wollte. Da es weg war und keiner sich erinnern konnte, wer es genommen hat, haben sie das Auto als gestohlen gemeldet. Martin ist also ohne TÜV mit einem gestohlenen Auto nach Italien gefahren. Auch nicht schlecht ode? Wir lachen uns im Nachhinein halb tot und stellen uns vor, was wohl passiert wäre, wenn sie Martin an der Grenze aufgehalten hätten und verhaftet hätten wegen Autodiebstahl. Ich wäre derweilen fluchend in Genua gestanden und hätte mich gefragt, wo er bleibt.
Mein Fazit der Reise:
Alles in allem hat es wirklich sehr gut geklappt und es war eine tolle Tour. Vor allem als Frau alleine zu reisen hat schon seine Vorteile, aber natürlich auch Nachteile. Belästigt worden bin ich allerdings nie und es gab auch keine wirklich gefährliche Situation, wenn man mal von den Hauptstraßen absieht. Die Italiener sind sehr herzlich und hilfsbereit, höflich und wenn sie merken, dass man keinen Bock auf irgendwas hat, lassen sie einen auch in Ruhe. Als Frau wird man halt eher angesprochen, ob man Hilfe braucht, wenn man irgendwo recht verloren rumsteht. Vor allem die Sizilianer sind super lieb und ich habe da nur die besten Erfahrungen gemacht.
Wenn ich es nochmal machen würde, würde ich mich auf eine Gegend festlegen und die dann genauer abgrasen, z.B. nur Sizilien oder nur die Abruzzen. Nach dieser Tour reizen würde mich nochmal eine Sizilien-Rundreise oder mit möglichst wenig Gepäck durch die Zentralabruzzen und den Gran Sasso. Auch Umbrien und die Marken waren toll. Was ich immer schade fand, ist, dass man keine Ansprache hat und seine Erlebnisse mit keinem teilen kann. Ich hätte mir vorgestellt, dass ich mehr Radreisende treffen, mit denen man mal eine Strecke fahren kann, aber das Glück hatte ich nicht. Tagsüber ist das alles kein Problem, aber abends alleine beim Essen zu sitzen, ist jetzt nicht wirklich so schön.
Ob man so eine Tour mit Zelt oder ohne macht ist zunächt mal eine Frage des Geldes, denn als Alleinreisender ist man im B&B gleich mal 40-60€ los und das bei 4 Wochen ist schon ziemlich happig. Zu zweit wiederum könnte man das dann schon machen. Außerdem kommt es bei der Frage Zelt, Kocher, Isomatte, Schlafsack auch darauf an, welche Steigungen will ich machen? Die Abruzzen auf jeden Fall ohne Zelt. In Sizilien wäre es mit Zelt gut machbar, denn die Steigungen sind nicht so steil, selbst in der Gegend um den Ätna, geht es immer nur mittelmäßig steil bergauf.
Wettertechnisch hat alles perfekt gepasst, später im Jahr sollte man es auf keinen Fall machen, das überlebt man in der Hitze nicht. Verständigungstechnisch sollte man zumindest Grundkenntnisse in italienisch haben, sonst wird es sehr mühsam. Englischsprechende Leute zu finden ist fast ein Ding der Unmöglichkeit.
Was die Ausdauer anbelangt bin ich froh, dass ich erst mal den Etsch- und dann den Po-Radweg gemacht habe, denn so konnte ich mich langsam an das Fahren mit dem Gepäck gewöhnen. Gleich mit Pässen oder der Alpenüberquerung anzufangen wär schon ziemlich übel. Mit der Zeit, so nach 2 Wochen – hat man ein tolles Kraft-Ausdauer-Gemisch und es macht riesig Spaß dann auch mal Pässe zu fahren. Anstrengend ist es natürlich trotzdem noch, aber es powert einen nicht mehr so aus.
Mal sehen, wo es mich das nächste Mal hinverschlägt. Nächstes Jahr ist ja erst mal Grand Canyon (1 Woche wandern) und der Paria Canyon / Buckskin Gulch (ein Slotcanyon) in USA dran. Wen´s interessiert, hier der Link zu meiner nächsten Tour. (ist noch in Bearbeitung, einfach mal wieder vorbeischauen)
Hier findet ihr eine interaktive Karte, auf der ihr euch in die Route rein- und rauszoomen könnt.